1. Eine Straße aus Müll zum Heye-See

    LandArt-Workshop verwandelt Hermann-Löns-Weg in eine Kunst-Meile / Verschmelzung mit der Natur geplant

    Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum

    Yin und Yang - aus Moorboden und Moos, mit Zweigen, Rinde und Zapfen geformt - liegen auf dem Boden im lichten Wäldchen hinter dem Bickbeernhof in Brokeloh. An Weidenringen, die mit rot leuchtendem Herbstlaub geschmückt sind, kommen Wanderer wenig später vorbei. Etwas abseits des Weges steht ein Stuhl, rudimentär aus Ästen zusammen gezimmert. An dieser Stelle des Löns-Wanderweges haben die zehn Teilnehmer des Seminars an den ersten beiden Tagen gearbeitet. Wer die Augen beim Wandern aufhält, entdeckt noch vieles mehr, was sie als Kunst in der Natur hinterlassen haben. Manches ist deutlich von Menschenhand bearbeitet, anderes sehr behutsam in die Natur eingefügt. Manchmal ist es auch nur die Natur selbst, die ihre eigene Kunst geschaffen hat und dafür niemanden brauchte, der gestaltend daran mitwirkt. Die Grenzen sind fließend. Ein Stück weiter auf dem Wanderweg arbeitet die Gruppe noch. Ein kleiner Sandstich auf dem Tempelberg ist ihr Arbeitsraum für zwei weitere Tage. Christine Bartels flicht Kiefernzweige in eine riesige Kugel, die sie geschaffen hat. "Die Sandkuhle ist ein Geheimtipp für Kinder zum Spielen", sagt sie, "da dachte ich mir, dass ich ihnen mit der Kiefernkugel einen Unterschlupf bauen kann." Und tatsächlich – gegenüber dem Sandplatz hat sie eine Öffnung eingearbeitet, die ihr Kunstwerk zur Höhle für Kinder werden lässt. Take Bijlsma gibt Rat, wie das Kunstwerk vollendet werden kann, packt selbst mit an und erklärt auch, was an diesem Platz noch geschehen soll. Bijlsma leitet die Gruppe an, ist in erster Linie Bildhauer, aber auch häufig in Sachen LandArt unterwegs. Solch ein Seminar, das eine Woche andauert und bei dem er große Räume mit zehn Menschen gemeinsam gestaltet, macht er allerdings auch zum ersten Mal.

    Neben dem, was jeder für sich an diesem Tag macht, hat er mit der Gruppe schon besprochen, dass sie noch ein gemeinsames, großes Werk an diesem Platz schaffen wollen. Drei hölzerne Bögen wollen sie aufbauen, die ähnlich einem Kirchengewölbe aufeinander zulaufen und in einem einzigen Schlussholz enden. 2,50 Meter hoch soll das werden und ja – inspiriert dazu habe ihn auch der Name des Ortes: die Gruppe steht auf dem Tempelberg.

    Tags zuvor haben sie bereits ein erstes gemeinsames Kunstwerk geschaffen. Der Platz, den sie sich am Heye-See ausgesucht hatten, erschreckte sie – schönste Natur an dem idyllischen See und überall Säcke voller Müll und leere Flaschen. "Wir haben spontan beschlossen, dass wir dem Müll eine neue Ordnung geben wollen", sagt Bijlsma. Innerhalb von zwei Stunden schufen sie eine Straße aus Müllsäcken und einen ‚Bordstein’ aus leeren Flaschen, die von einer Sanddüne 150 Meter lang schnurgerade auf das Wasser zuführt. Diesseits und jenseits des Sees ist diese LandArt zu sehen und je nach Sonnenstand erscheint die Müllstraße als lange Spiegelung auch noch im Wasser. "Vor dieser Schlange zu stehen und dann rechts und linke die saubere Fläche zu sehen – das war wie ein Geschenk", sagt Bartels. Ihre Kunst überlassen die zehn Teilnehmer der Natur. Wer sehen will, was sie geschaffen haben, der sollte auf dem Hermann-Löns-Wanderweg, der über zehn Kilometer um Brokeloh herum geht, spazieren. Es sind nicht die ersten Skulpturen, die dort entstanden sind. Bereits vor zwei Jahren hatte Carsten Niemeyer, Eigentümer des Ritterguts in Brokeloh, einen Bildhauer-Workshop an markanten Stellen des Weges organisiert. Daran anknüpfend hatte Kerstin Schwalgun von der Nienburger Volkshochschule sich an ihn gewandt und gemeinsam mit ihm dieses Seminar geplant. Niemeyers Traum ist es, dieses Seminar nicht das letzte seiner Art sein zu lassen. Nach und nach, stellt er sich vor, könne der Löns-Weg zu einem Weg zur und mit Kunst werden. Der Anfang der Verschmelzung von Natur und Kunst ist jedenfalls gemacht. Foto: jan

  2. Kommentare

    Bitte melden Sie sich an