1. Alle sollen sich als Gast fühlen

    Infoveranstaltung zur Oerlinghauser Flüchtlingsunterkunft trug zur Aufklärung bei

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    Oerlinghausen (kd). Das Interesse war außerordentlich groß. Mehr als 200 Personen wollten Informationen über die neue Flüchtlingsunterkunft in Oerlinghausen erhalten. In der Aula des Niklas-Luhmann-Gymnasiums waren die Verantwortlichen bemüht, mögliche Vorbehalte zu zerstreuen. Vor allem einige Anwohner bekundeten ihr Unbehagen gegenüber den neuen Nachbarn. Doch überwogen die Stimmen derer, die konkrete Hilfen anbieten wollten. Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Nordrhein-Westfalen kommen, hat sich seit dem vergangenen Jahr nahezu verdoppelt, erläuterte Peter Ernst von der Bezirksregierung Arnsberg. Allein in Bielefeld kommen jeden Tag 150 Menschen an; die meisten von ihnen stammen aus Syrien. Da sie nicht alle sofort eine dauerhafte Bleibe erhalten können, habe das Land NRW die Einrichtung in Oerlinghausen eröffnet. Hier werden die Menschen nur vorübergehend leben, bevor sie in anderen Städten und Gemeinden des Landes für die Dauer des Asylverfahrens eine Heimat finden. Ernst rechnet damit, dass die Unterkunft für drei bis fünf Jahre bestehen bleibt, denn: "Mit einem weiteren Anstieg ist zu rechnen." Weltweit seien 45 Millionen Menschen auf der Flucht. "Viele von ihnen kommen nur mit einer Plastitüte. Leichtfertig macht man so etwas nicht", erklärte Ernst.

    Auch die Oerlinghauser Bürgermeisterin Dr. Ursula Herbort betonte, die Unterkunft trage dazu bei, "die Folgen der weltweiten Konflikte abzumildern". Sie verwies darauf, dass das Asylrecht im Grundgesetz verankert sei. "Wir können einen Beitrag dazu leisten, dass die Welt friedlicher wird."

    Betrieben wird die Unterkunft von der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH). Ihr Sprecher Magnus Memmeler sagte: "Wir wollen, dass alle sich als Gast fühlen. Im Moment sind wir aber noch bemüht, einen Alltag herzustellen." Denn die Bezirksregierung habe erst später mit den Flüchtlingen gerechnet. 250 Menschen sind gegenwärtig in der Klinik untergebracht. Sie erhalten drei Mahlzeiten pro Tag und dürfen sich frei bewegen. Als Betreuer sind 23 Sozialpädagogen und erfahrene Fachkräfte eingesetzt, sie sollen später auf 48 anwachsen.

    Memmeler wies darauf hin, dass es sich bei den Flüchtlingen um traumatisierte Menschen handelt, die ein Recht auf Privatsphäre haben. Es sei daher sehr störend, wenn Schaulustige das Gelände oder gar die Klinik selbst betreten und Aufnahmen machten. "Viele der Kinder wissen nicht einmal, wo ihre Geschwister und die Eltern geblieben sind. Sie haben miterleben müssen, wie andere Menschen vor ihren Augen geköpft wurden", sagte Memmeler.

    Um die Sicherheit brauche sich niemand zu sorgen, wie Dr. Matthias Wendland von der Kreispolizeibehörde verdeutlichte. "Wir fahren verstärkt Streife und haben eine guten Überblick." Im Übrigen sei die Zahl der Einbrüche in Westlippe in den vergangenen zwei Jahren deutlich zurückgegangen. Alle Verantwortlichen waren sich einig: Auf Grund der kurzen Verweildauer sei nicht mit Konflikten unter den Bewohnern der Unterkunft zu rechnen. Die Betreuer und der Sicherheitsdienst sind rund um die Uhr im Einsatz. "Sollten sie dennoch Angst versprüen, scheuen Sie sich nicht uns anzurufen", sagte Peter Ernst von der Bezirksregierung.

    Viel Lob ernteten die Freiwilligen, die in der Unterkunft mit bescheidenen Mitteln einen Deutschunterricht begonnen haben. Das ließ Vincenz Keuck im Publikum nicht länger still bleiben. "Wir sollten nicht nur reden, sondern helfen", sagte er und rief zu Spenden auf. Am Ende kamen 508 Euro zusammen. Keuck will das Geld für Stifte und Hefte verwenden.

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