Leopoldshöhe (kd). Vor 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg. Mit einer Wanderausstellung erinnert das Kreisarchiv an den Einsatz lippischer Soldaten bei den Schlachten, die enorme Verluste mit sich brachten. Das Rathaus in Leopoldshöhe ist die sechste Station der Ausstellung, die hier noch bis zum 4. November 2014 zu sehen ist.
"Vorwärts auf den Feind, koste es, was es wolle!" – So lautete der Grundsatz in der preußisch-deutschen Infanterievorschrift von 1906. "Die lippischen Regimenter galten als besonders kampfstark", erläuterte Kreisarchivar Dr. Hansjörg Riechert zur Eröffnung der Ausstellung. "Sie waren daher fast überall eingesetzt, an allen Landfronten, aber auch in der Fliegertruppe und in der Marine." Mit großem Enthusiasmus zogen die einfachen Soldaten, aber auch die obersten Strategen in den Krieg.
Der sogenannte Schlieffen Plans sah vor, zunächst Frankreich schnell zu besiegen, um sich dann Russland vorzunehmen. "Das hat aber nur einige Wochen lang funktioniert", sagte Dr. Riechert. Die Versorgungslinien wiesen schnell Lücken auf, bei ihrem frontalen Vorgehen verloren zahlreiche Soldaten ihr Leben. Dafür waren auch die technischen Neuerungen verantwortlich. Auf Maschinengewehre, Schnellfeuergeschütze und andere moderne Waffen war man nicht eingestellt. Die Schlacht bei Verdun, die von Februar bis November 1916 dauerte, ist zu einem Synonym für die Grausamkeit und die Sinnlosigkeit des Krieges geworden. "Die Friedensstärke der preußischen Armee betrug 860.000 Mann, allein in den ersten fünf Monaten des Krieges wurden 800.000 Menschenleben ausgelöscht", sagte der Kreisarchivar.
Die Ausstellung stellt den Krieg als solchen in das Zentrum der Betrachtung und Wertung. Damit stehen das Kämpfen, Sterben und Überleben tausender Lipper an den verschiedensten Fronten im Vordergrund. Anhand von Gedenkbüchern der Gemeinden und anderen verstreuten Quellen konnte das Kreisarchiv ermitteln, wie viele Menschenleben der Krieg kostete. "Wir können davon ausgehen, dass rund 5.000 Lipper gefallen sind und etwa 10.000 verwundet wurden", sagte Dr. Riechert. Bei den damals 152.000 Einwohnern kamen somit zehn Prozent aller Lippe durch die Kriegshandlungen um, wurden verwundet oder seelisch geschädigt. "Es gab keine Familie, die keinen Angehörigen hatte, der in der einen oder anderen Weise zum Opfer wurde", klärte der Kreisarchivar auf.
Leopoldshöhes Bürgermeister Gerhard Schemmel wies auf die machtpolitischen Rivalitäten und intensives Wettrüsten hin, die seit Beginn des 20. Jahrhunderts die internationalen Beziehungen belasteten. Nach der Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers in Sarajewo versagten alle diplomatischen Bemühungen um eine Konfliktlösung auf Grund des unversöhnlichen Machtstrebens der europäischen Großmächte. Ab August 1914 befanden sich die Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn im Krieg. Einem Krieg, der nicht nur auf den Schlachtfeldern in Europa, den Kolonien in Afrika, im Nahen Osten sowie auf hoher See stattfand, sondern erstmals auch hier in Lippe, an der "Heimatfront". Weltweit starben rund neun Millionen Soldaten und mehr als sechs Millionen Zivilisten, eine grausame Bilanz. "Die Ausstellung ist ein wichtiger Beitrag, um das Bewusstsein zu schärfen, und wir hoffen, dass sie die Menschen nachdenklich stimmen wird", waren sich Schemmel und Dr. Hansjörg Riechert einig.
Zur Ausstellung ist im Lippe Verlag, Lage, ein Begleitband erschienen. Er enthält mehr als 100 bislang weitgehend unbekannte Fotos. Weitere Informationen zur Ausstellung gibt es auch im Internet unter www.lipper-im-krieg.de.