STADTHAGEN (jl). Wie begrüßen wir als Zivilgesellschaft Flüchtlinge in Schaumburg, was brauchen Neuankommende und wie kann ein Dialog gelingen? Anregungen zu diesen Fragen gab die Auftaktveranstaltung "Perspektivwechsel" zur Interkulturellen Woche (IKW) Schaumburg. "Wir müssen und wollen uns auch um die Menschen, die aus den vielen Krisenherden der Welt kommend Hilfe brauchen, kümmern", brachte es Landrat Jörg Farr in seinem Grußwort auf den Punkt.
Aktuell lebten 830 Flüchtlinge in Schaumburg, jede Woche, so die Ankündigung und auch die tatsächliche Zahl, kämen 15 bis 20 Menschen dazu. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Zahlen noch steigen." In einer anschließenden von Klaus Strempel (Arbeitskreis IKW SHG) moderierten Gesprächsrunde stellten Initiativen aus der Umgebung ihre Erfahrungen zur Begleitung von Flüchtlingen vor.
Bei der Erstorientierung hilft zum Beispiel die Flüchtlingssozialarbeiterin Natia Lang, die im Auftrag der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Schaumburg Flüchtlinge berät und bei Behördengängen begleitet. Wie der Rintelner Sozialarbeiter Norbert Rose vortrug, gestaltet sich das Ziel im Sinne von Teilhabe und Integration, für Flüchtlinge in Übergangswohnungen oder Sammelunterkünften zügig private Wohnungen zu finden, als schwierig. Der Grund: Entsprechende Wohnungen, die der vom Sozialamt vorgegebenen Größenordnung entsprechen, seien "in dieser Masse nicht vorhanden". Seit über 20 Jahren betreut Rose das Flüchtlingswohnheim in Rinteln, das einzige in Schaumburg. In Einzelfällen blieben die Menschen viele Jahre, andere seien in einem halben bis einem Jahr vermittelt. Zur Veranstaltung fast zu spät gekommen wäre Hartmut Haselau, "weil noch jemand Möbel vorbeigebracht hat". Als Vorsitzender des Vereins "Hilfe für Flüchtlinge" unterstützt er 80 Flüchtlinge aus 20 Nationen, die in einer Kleinenbremer Sammelunterkunft leben. Von "existenzieller Notwendigkeit" seien etwa Fahrrädern, um auch aus provinzialen Bereichen Sprachkurse besuchen zu können. Während der Bevölkerung die Existenz des Heims lange Zeit überhaupt nicht bewusst gewesen sei, zeige sich zunehmend eine Öffnung sowie ein Interesse und eine Bereitschaft zu helfen, erzählte Haselau. Auf Schaumburg sei er "neidisch" – "Wir haben nämlich keinen Sozialarbeiter." Diese Lücke der Betreuung müsse derzeit noch der Verein "stopfen", was ihn völlig überfordere. Was Flüchtlinge nach ihrer Ankunft am meisten brauchen, weiß Hossein Zadim aus eigener Erfahrung. "Sie brauchen als erstes Nähe, damit sie nicht alleine dastehen", sagte das Mitglied im Integrationsbeirat, das 1985 aus dem Iran geflüchtet ist und seit 1992 in Stadthagen lebt. "Man braucht Kontakt, nicht nur zur Familie, sondern auch zu anderen Menschen." Dass Personen in einem laufenden Asylbewerberverfahren in der Regel keine Arbeitserlaubnis erhalten, sei ein großes Problem, wie Julija Filimonova von der Jüdischen Gemeinde Bad Nenndorf betonte. Oftmals wüssten sie nichts mit ihrer Zeit anzufangen.
Die Idee: Initiativen, in denen erfahrene Migranten und neuankommende untereinander Netzwerke bilden.
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