Detmold (ab). Detmold gehörte 2003 mit der Einführung des Offenen Ganztags an Grundschulen (OGS) zu den Vorreitern im Land. Am Mittwoch haben Vertreter aus Politik und Schule das 10-Jährige Bestehen der OGS in Lippe in der Bachschule gefeiert.
Statt die Gäste mit ermüdenden Grußwort-Tiraden zu langweilen, gab es zwei Talkrunden. Bei der ersten nahm Schulamtsdirektor Wilfried Starke die Anwesenden mit auf Zeitreise ins Jahr 2003 und ließ den Weg zur OGS mit den Protagonisten von damals Revue passieren. Damals kam die Diskussion auf, wie Beruf, Familie und Schule zu vereinbaren seien, erinnerte sich Ute Schäfer (SPD), damals als Schulministerin in NRW. Kinder sollten über den Unterricht hinaus auch nachmittags in der Schule betreut werden. Die Idee war da, die Umsetzung schwierig. Eine Milliarde gab es vom Land für diese "Herkulesaufgabe", sagte Schäfer. Nicht nur baulich habe man damals investiert, als Schulträger habe man ihnaltlich vieles entwickeln müssen, sagte der damalige Bürgermeister Friedrich Brakemeier. Die Schulleiter seien anfangs wenig begeistert gewesen, "am Nachmittag sind die Eltern dran", habe es von Seiten der OGS-Gegner geheißen.
Überzeugungsarbeit haben damals auch die Schulleiter von Weerthschule und Bachschule, Günter Zahn und Franz Blank bei öffentlichen Veranstaltungen geleistet. Beide Schulen gehörten in NRW zu den Pionieren in Sachen OGS. Das Konzept und seine Vorteile hatte Blank scherzhaft so auf den Punkt gebracht: "Mittags keine Pommes mehr und Fernsehen erst ab halb sechs." Weil Schule die OGS "nicht alleine wuppen" konnte, wie Blank sagt, wurden verschiedene Träger wie die Awo, das Deutsche Rote Kreuz und die St.-Elisabeth-Stiftung mit im Boot geholt. OGS sei eine Erfolgsgeschichte in Lippe. Heute sind von 50 der 54 Grundschulen in Lippe offene Ganztagsschulen. Aus den vier OGS-Gruppen zum Start an der Weerthschule sind mittlerweile 14 geworden.
Im zweiten Talk wurden aktuelle Aspekte diskutiert. Dabei stellt sich die Frage, ob ein gebundener Ganztag nicht besser ist. Dann ließen sich die unterschiedlichen Professionen besser verzahnen. Die Weerthschule hat bereits einen gebundenen Ganztag. In den Klassen unterrichten Lehrer, Sonderpädagogen, Erzieher, Ergotherapeuten, ein Naturscout im Team-Teaching gemeinsam. Die Trennung: morgens Schule, nachmittags "nur" Betreuung gibt es dann nicht, erklärte Schulleiterin Iris Hansmann. Die meisten OGS-Mitarbeiter seien derzeit Teilzeitkräfte, auch das könnte man im gebundenen Ganztag besser regeln, meint Awo-Geschäftsführer Detlef Stall.
Der Bedarf in Sachen Ganztag ist gestiegen. Die Vereinbarkeit von Schule und Beruf sei in Zeiten, in denen beide Eltern arbeiten müssen, um genug Geld zu verdienen, nach wie vor problematisch. Dementsprechend muss das Nachmittagsangebot noch weiter auch auf andere Schulformen ausgeweitet werden. All das kostet viel Geld. Bürgermeister Rainer Heller: "Die OGS kostet Sie ungefähr ein Zehntel Ihrer Grundsteuer B."
Probleme sehen auch die Gewerkschaften Verdi und GEW. Das angebliche Erfolgsmodell OGS sei "chronisch unterfinanziert", schreiben beide Verbände in einer Pressemitteilung. Sie fordern mehr Personal, das besser bezahlt wird. Zudem fehlten landesweit einheitliche Qualitätsstandards.