LOCCUM (jan). Kinder und Jugendliche hat die Evangelische Heimvolkshochschule Loccum zu ‚Kultur inklusiv’ eingeladen – einer Woche mit künstlerischen Workshops in den Sommerferien. Gerade die Heterogenität der Gruppe hat den Reiz des Seminars ausgemacht.
Felix lässt sich fallen. Vor und zurück. Im Vertrauen darauf, dass ihn viele Hände auffangen. Anfangs ist er noch ein wenig angespannt. Je länger er aber vor- und zurückschaukelt, desto fröhlicher wird sein Gesichtsausdruck.
"Das war toll, Felix!" Steffi Ponndorf, Lena Lamprecht und die beiden Kinder, die diese Übung gemeinsam mit Felix im Saal der Heimvolkshochschule gemacht haben, freuen sich mit ihm. Was Felix gemacht hat, das Vertrauen, das er in sie gesetzt hat, war eine große Leistung. Denn Felix ist Autist.
Ponndorf und Lamprecht – die eine Studentin für Darstellendes Spiel, die andere angehende Kulturmanagerin – leiten gemeinsam mit dem Künstler Stephan Kabs einen der drei Workshops von ‚Kultur inklusiv’. Die Gruppe erfüllt alle Voraussetzungen für den inklusiven Ansatz der Woche in der Heimvolkshochschule: während das Alter der Kinder und Jugendlichen von zehn bis 16 Jahren reicht, besuchen sie ganz unterschiedliche Schulformen von der Förderschule bis zum Gymnasium. Gemeinsam erarbeiten sie Theaterszenen, die sie zum Ende ihrer Woche in Loccum vorführen wollen.
Wenig später sitzt Felix mit drei Mädchen an einem Tisch im Sonnenschein. Nach den Lockerungsübungen im Saal stellen diese vier ihre Szene zusammen, die sie vorführen wollen. Zwei Prinzessinnen, ein Prinz und eine Königin werden darin eine Rolle spielen. Die Mädchen arbeiten am Text, Felix sitzt daneben. Eine Betreuerin kommt hinzu und fragt, ob die Mädchen ihm denn etwas zur Beschäftigung angeboten hätten. Das haben sie vergessen, sorgen aber gleich dafür, dass er mit Papier und Stiften versorgt wird. Und schreiben weiter an seiner Prinzen-Rolle.
Ein Team werden, eine Gruppe, die trotz aller Unterschiede zusammenhält und sich gegenseitig hilft – das sei eine großartige Leistung, die alle 39 Teilnehmer sehr schnell erbracht hätten, sagt Kersten Prasuhn. Der pädagogische Mitarbeiter der Heimvolkshochschule hat ‚Kultur inklusiv’ ins Leben gerufen und organisiert. Jedes Beispiel in diesen Tagen, bei dem er beobachtet, wie die Gruppe Einzelne mitzieht und keinen vergisst, bestätigt ihm das Konzept, das dahinter steckt. Dass außerdem alle Kinder und Jugendlichen bereit waren, sich auch schnell auf die betreuenden Erwachsenen einzulassen, freut ihn ebenso. Berührende Momente habe es gegeben – etwa am Tag zuvor, als alle plötzlich ohne besonderen Grund begonnen hätten, gemeinsam zu singen. Natürlich habe es auch Probleme gegeben durch die Heterogenität der Gruppe und bei manchen auch deshalb, weil sie ihre eigenen Probleme mit sich selbst hätten. "Aber dazu sind wir dann ja da", sagt er und meint damit den Mitarbeiterkreis, "damit wir die Probleme lösen." Die beiden Stichworte im Titel des Seminars seien jedenfalls voll und ganz erreicht worden: Kultur habe es gegeben und inklusiv sei sie umgesetzt worden. Foto: jan