Lemgo (nr). Ein Motorradunfall hat ihn sein Bein gekostet und sein Leben verändert. Ans Aufgeben hat er nicht gedacht, sich stattdessen mit viel Sport zurück gekämpft ins Leben. Inzwischen türmen sich für Frank Tinnemeier die sportlichen Erfolge: Medaillen, Auszeichnungen und weltweite Wettkämpfe. Auf dem Boden geblieben ist er trotzdem, lebt und trainiert viel in Lemgo und sagt, dass der Sport ihm geholfen hat. Eine Erfahrung mit der er Mut machen und zeigen möchte, dass dem Behindertensport mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.
Der Anfang war schwer. Vier Jahre hat es gedauert, bis er körperlich wieder fit war und sich im Sport weiterentwickeln konnte. Durch einen Zufall hörte er, dass Bayer Leverkusen im Behindertensport nach jungen Nachwuchstalenten suche. Also machte Frank Tinnemeier das Schnuppertraining mit und wurde für die Disziplin Kugelstoßen entdeckt. Seitdem fährt er regelmäßig nach Leverkusen zum Training bei Steffi Nerius, Weltmeisterin im Speerwurf. Nach den Paralympics in London bekam er einen Anruf von Alex Holstein aus Bad Salzuflen, der ihn seitdem intensiv trainiert und ihn vor allem technisch ein großes Stück vorwärts gebracht hat.
Einen großartigen zweiten Platz hat der Lemgoer gerade bei der Europameisterschaft für Behinderte Sportler in Swansea, Wales gemacht, obwohl er um einiges unter seinen Bestleistungen blieb.
Ein Erfolg in einer Reihe toller Leistungen bei Wettkämpfen für Sportler mit Behinderung. Einige seiner Erfolge: 2007 wurde Frank Tinnemeier Deutscher Meister und 2010 Dritter bei der WM in Bangalore (Indien). 2012 errang Tinnemeier die Goldmedaille bei der EM in Stadskanaal (Niederlande) und 2013 bei der WM in Frankreich holte er die Silbermedaille mit einer persönlichen Bestleistung – dabei hat er dort gleich viermal den deutschen Rekord übertroffen. Er ist viel in der Welt unterwegs und dankbar, dass sein Arbeitgeber, die Firma Brassler, ihn und seine Leidenschaft für den Sport unterstützt.
Frank Tinnemeier war schon immer sportlich; Handball und Leichtathletik beim TSV Hillentrup gehörten zum Alltag. 1999 arbeitete er bereits als technischer Zeichner und hatte zeitgleich den elterlichen Hof übernommen. Im Oktober des gleichen Jahres ereignete sich der schwere Motorradunfall, der ihn für 15 Tage auf die Intensivstation und 119 Tage ins Krankenhaus brachte. Damals war er gerade 27 Jahre alt.
6 Wochen kämpfte er um sein Bein, dann fiel die Entscheidung, die er selber treffen musste. "Ich glaube, meine größte Angst war, dass ich meinen Freunden nicht mehr helfen konnte", erzählt er. Dabei bewies er bereits im Krankenhaus, dass er nach vorne schauen kann und eine unglaublich positive Energie ausstrahlt. Die Ärzte baten ihn nicht nur einmal, sich um Patienten mit ähnlichem Schicksal zu kümmern, ihnen Mut zu machen. Die Beinprothese gehört für ihn einfach dazu. Anfangs war das auch für ihn, der so viel Humor hat, schwer. Er ging nur mit langen Hosen zum Training oder aus dem Haus. Irgendwann hörte er auf, so zu denken und nahm sein Leben so, wie es war.
Was Frank Tinnemeier erleben und durchkämpfen musste, hat Spuren hinterlassen. Aber für ihn ist es wichtig, diese Erfahrungen zu teilen, anderen zu helfen und sie zu unterstützen. Dazu zählt auch die Arbeit der Selbsthilfegruppe, in der sich Betroffene austauschen können, oder Hilfestellung erhalten.
Für Tinnemeier bedeutet der Sport mehr, als nur das Sammeln von Medaillen. Der Sport hat ihm sehr gut getan. Und sein nächstes großes Ziel hat er bereits im Visier: die WM in Katar 2015. Und ganz nebenbei möchte er die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den Behindertensport lenken, damit dieser in Zukunft nicht mehr nur als Randbemerkung zu finden ist.