Detmold (ck). Rund 8.000 junge Menschen haben am Wochenende Einblicke in das Ausbildungsangebot der lippischen Wirtschaft zu gewinnen: Die Industrie- und Handelskammer (IHK) hatte zur Messe "Berufe live" geladen. Etwa 100 Aussteller öffneten auf dem Außengelände und im Innern des IHK-Gebäudes ihre "Türen", um ihr Berufsfeld vorzustellen und mit kleinen Schnuppermöglichkeiten den Jugendlichen ihr Werkzeug in die Hände gegeben. Käthe Johanning nutzte die Chance und nahm am Metallrosen-Jugendwettbewerb teil. Anlässlich zum Tag des Handwerks öffnet das Metallhandwerk bundesweit seine Türen.
Drei junge Besucherinnen, die eigentlich schon einen klaren Berufswunsch haben, bleiben fasziniert vor dem Stand der Kreishandwerkerschaft für das Dachdeckerhandwerk stehen. Sie fragen interessiert nach, nehmen ein Werkzeug in die Hand und fertigen ein Schieferherz. "Das ist so interessant hier, man kann in so viele unbekannte Berufe schnuppern. Eigentlich wollte ich Köchin werden…", so Stella Mack.
Erstmals war auch das Verkehrsgewerbe bei der Messe vertreten und präsentierte sich mit einem LKW, einem Kran und einem Fahrsimulator. Delia Kirsch nutzte die Gunst der Stunde und kletterte ins Führerhaus – sie weiß bereits, dass sie eine Ausbildung zur Berufskraftfahrerin machen wird. Jan Luca ist ebenfalls interessiert an diesem Beruf, deshalb wagte er sich an den Fahrsimulator und war erstaunt, wie schwierig es ist, so ein ausladendes Fahrzeug sicher zu lenken und zu bedienen.
Berufe von A bis Z sowie Speed-Dating sind eine Chance, die viele der Besucher nutzen um eventuell innerhalb von 10 Minuten einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Die meisten Jugendlichen sind interessiert, fragen nach und versorgen sich mit dem Informationsmaterial der Unternehmen.
Gerade durch das achtjährige Gymnasium und den nur noch freiwilligen Wehrdienst haben die Jugendlichen viel Zeit sich zu orientieren. Da ist "Berufe live" genau richtig als Orientierungshilfe. Viele Abiturienten gehen direkt den Weg ins Studium, was nach dem Abschluss zum Bachelor oft nur noch Ernüchterung bringt, da eine erhoffte Anstellung nicht den Wünschen entspricht oder in der Sachbearbeitung endet.
Ernst-Michael Hasse, Präsident der Industrie- und Handelskammer, sieht für die Jugendlichen hier eine große Chance der Orientierung. "Wir kümmern uns um die Auszubildenden nicht erst seit gestern. Wir sehen immer wieder die Fokussierung auf die ‚Top-10-Berufe‘. Keine Fehlentscheidung zu machen ist wichtig für die Berufswahl", so Hasse. Ausbildung ist eine der Kernkompetenzen der IHK, für sie ist die Tendenz der Akademisierung klar ersichtlich. "Wir empfehlen den umgekehrten Weg über ein Duales Studium. Jeder vierte Student bricht sein Studium ab. Durch eine duale Ausbildung ist die Gefahr der Arbeitslosigkeit deutlich geringer", so Hasse.
IHK-Hauptgeschäftsführer Axel Martens sieht die Problematik der beruflichen Ausbildung gerade bei Abiturienten. "Bei uns erhält die berufliche Ausbildung nicht die verdiente Wertschätzung." Ein gesellschaftliches Umdenken ist nötig, damit die Facharbeiterausbildung oder das Duale Studium einen höheren Stellenwert bekommen. Fast alle Realschüler gehen weiter zur Schule, statt eine Ausbildung zu beginnen. Viele Jugendlichen sind 19,6 Jahre bevor sie in die Ausbildung oder ins Duale Studium einsteigen. Umfragen bei den hiesigen Unternehmen zeigten, dass Realschüler bei der Anstellung favorisiert werden. Michael Wennemann, Geschäftsführer Berufliche Bildung der IHK hofft, dass auch Gymnasien verstärkt den Weg zur Berufsmesse finden. "Die jungen Menschen sollen Arbeit als Chance erkennen und nicht als Bedrohung", so Wennemann. Vorteile sieht er auch darin, wenn die Eltern ihre Zöglinge begleiten, einmal um unterstützend dabei zu sein und im Nachhinein gemeinsam mit ihren Kindern die Messeeindrücke zu reflektieren. "Oft ist es auch so, dass die Eltern auf Weiterbildungsmöglichkeiten für sich selber aufmerksam werden", so Wennemann.