Lemgo (nr). Sie haben diese eine große gemeinsame Leidenschaft – das Theaterspielen. Zusammen mit der Theatergruppe "Stattgespräch" haben sich Behinderte der Lebenshilfe Lemgo und Nichtbehinderte zusammen getan, um ihren Wunsch nach Anerkennung und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu verwirklichen. Dafür proben sie in jeder freien Minute, haben Ideen entwickelt, lassen sich auf Neues ein und lernen voneinander. Ein Projekt, das die Aufgabe erfüllt, Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft zu integrieren und gleichzeitig ihr Eigenengagement zu fördern.
Den Anfang machte eine Anfrage der Lebenshilfe Lemgo an das Ensemble "Stattgespräch". Die freie Theatergruppe, die längst weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt ist, musste da nicht lange überlegen.
Ein Theaterstück mit Behinderten und Nichtbehinderten stellt neue Herausforderungen. Wie jedes neue Stück, das einstudiert wird, war auch dieses inklusive Projekt eine Art Abenteuer. Ein Wagnis der anderen Art, an das ohne Scheu herangegangen wurde. "Es ist ein Versuch, der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten", erzählt Frank Wiemann, Leiter der Theatergruppe. "Es ist eine tolle und ebenso besondere Erfahrung des Zusammenwachsens." Er bildet gemeinsam mit Markus Mogwitz und Katrin Brakemeier das Projekt- und Regieteam, auf das sich alle Beteiligten verlassen können. "Es macht auch so viel Spaß, weil einfach alle klasse sind und eben auch viel Geduld mit uns haben", schwärmt Corinna nach der Probe im Kulturbahnhof, als alle gemeinsam noch etwas trinken und die Probe im Kern noch einmal durchgehen. "Es ist sogar so toll, dass wir gerne weitermachen würden, wenn wir dürften", meint Mike. "Aber das Stattgespräch-Team hat ja auch viel Arbeit mit uns und sie machen das alles freiwillig."
Dass, was vorab fest stand, war der Einakter in Kooperation mit den Behinderten der Lebenshilfe und gleichzeitig die deutschsprachige Erstaufführung "Eine Nacht mit Mutter", gespielt von zwei Schauspielern von der freien Theatergruppe.
Was dann folgte, waren reine Improvisationen der Akteure. Diese waren dann aber so gut, dass die Regie kurzerhand mitschrieb und ein Textbuch entwickelte, das volle 20 Seiten hat. Es heißt "Nett, dass Sie da sind..." und strahlt mit einer gehörigen Portion Humor.
"Aufgegeben hat bei der Textmenge trotzdem niemand" freut sich Theresa Ehlen vom Inklusionsbüro der Lebenshilfe, "Büro für gemeinsame Sache" . Das sei nicht selbstverständlich. "Dieses Engagement innerhalb der doch sehr gemischten Gruppe – was die Behinderungen angeht – zeigt eben, wie viel Spaß es allen macht."
Und Frank Wiemann ist sehr stolz auf die Leistung "seiner" Theatergruppe, die bereits seit knapp über zwei Monaten probt. Bis zur Premiere am 27. September im Kulturbahnhof werden sich die Schauspieler der Lebenshilfe Lemgo weiterhin an zwei Abenden in der Woche zu Textproben treffen. Neben ihrer Arbeitsstelle fordert gerade dieses Engagement viel Energie, Enthusiasmus und Durchhaltevermögen. Die Spannung bis zur Premiere steigt mit jeder Woche, auch die Selbstkritik, aber die Vorfreude überwiegt bei weitem.