1. Augustdorfer springt bei Fallschirm-DM

    Wettbewerb in Eisenach startet am Dienstag – Peter Ingenhaag will aufs Podium

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    Augustdorf (cp). Wenn sich die Luke öffnet, liegen zwischen Peter Ingenhaag und dem Boden rund 3.200 Meter. Mit seinem Fallschirmsprung-Team „AtomiX“ stürzt er sich regelmäßig aus dem Flugzeug. Dass der Augustdorfer das noch kann, ist keine Selbstverständlichkeit: Im Winter erlitt er im Training einen Halswirbelbruch. Ab Dienstag tritt er nach langer Reha bei den Deutschen Fallschirmsprung-Meisterschaften in Eisenach an. Mit „Lippe aktuell“ sprach Ingenhaag über seinen Unfall, seine Leidenschaft für den Extremsport und die anstehende DM.

    LA: Silvester lagst Du nach einem Unfall beim Fallschirmspringen mit einem Halswirbelbruch in der Klinik. Lebensgefährliche Verletzung, OP, zig Arztbesuche, langwierige Reha. Jetzt springst du wieder. Das klingt verrückt.

    Peter Ingenhaag: Verrückt? Nein! Hört ein Fußballspieler auf zu spielen, weil er einen Kreuzbandriss hat?

    Natürlich ist ein Halswirbelbruch etwas anderes. Aber ich weiß, was ich falsch gemacht habe bei dem Unfall, das ist meine eigene Dummheit gewesen.

    LA: Was genau ist da passiert?

    Ich habe eine andere Disziplin trainiert, da übt man Highspeed-Landungen (Hochgeschwindigkeits-Landung, Anm. d. Red.). Wenn man da seine Drehungen zu tief ansetzt, dann fehlen einem

    vielleicht fünf oder zehn Meter. Dann ist da nur noch der Boden. Und dann tut‘s weh. Ich habe wirklich Glück gehabt.

    LA: Wie hast Du die Zeit danach erlebt? Du warst ja auch nicht in Deutschland?

    Nein, das war in Dubai, kurz vor Silvester. Wir wollten eigentlich am nächsten Tag nach Hause fliegen. Das ging dann nicht. Ein paar Springer-Freunde haben sich um mich gekümmert und sind jeden Tag vorbeigekommen. Als feststand, dass ich operiert werden musste, weil die Ärzte mich nicht haben fliegen lassen, kam meine Mutter. Drei Tage nach der OP sind wir heimgeflogen. Und dann saß ich hier mit großer "Halskrawatte", und dann ging‘s von Arzt zu Arzt, Reha, viel Sport... Anfang Juni sah mein CT so gut aus, dass die Ärzte gesagt haben: "Ok, versuch‘s mal."

    LA: Andere würden das Springen nach so einem Vorfall aufgeben. Macht Fallschirmsprüngen süchtig?

    Ja, sonst würd ich‘s nicht tun. Es macht halt Spaß! Und es gibt einfach verschiende Intentionen, Fallschirm zu springen. Manche sind nur reine Spaßspringer. Wieder andere, so wie mein Team und ich, die sind eher wettkampfbedacht.

    LA: Welche Gefühle hattest Du beim ersten Sprung danach?

    Hm, da war ich schon so ein bisschen ängstlich. Ich hab erstmal ganz sachte einen Sprung aus 1.500 Metern Höhe gemacht und sofort den Schirm geöffnet, dann jedes Mal ein bisschen mehr Freifall eingebaut.

    Ich hab gemerkt: Das tut nicht weh, alles hält. Man muss halt erst wieder Vertrauen zu seinem Körper aufbauen. Das ist ja bei jedem Sportler so, der sich verletzt hat.

    LA: Und wie war der erste Sprung mit dem Team?

    Ich hab nur gefeiert. Die ganze Trainingswoche über habe ich mich einfach nur gefreut, dass ich wieder springen konnte.

    LA: Ihr seid Formationsspringer. In euren Videos sieht alles so einfach aus. Wieviel Arbeit steckt da wirklich hinter, wie trainiert ihr?

    Wenn in Deutschland die Freiluftsaison losgeht, dann sind wir in der Luft am Wochenende, mindestens einmal im Monat drei Tage. Dann treffen wir uns in Itzehoe zum Springen und werden von einem belgischen Coach betreut.

    An so einem Trainingstag sind das zwölf bis vierzehn Sprünge, das ist schon anstrengend. Im Winter sind wir im Windtunnel, jeden Monat wenigstens eine Stunde.

    Für die nötige körperliche Fitness sorgt jeder selbst.

    LA: Jetzt steckt ihr in der Vorbereitung für die DM. In der nächsten Woche geht es los!

    Genau! Im Juli hatten wir mit dem Team noch eine komplette Trainingswoche, die war richtig gut. In Eisenach machen wir am Montag drei, vier Trainingssprünge um uns zu akklimatisieren, dann geht es los!

    Wir sind schon gespannt, was rauskommt, ob wir besser sind als beim letzten Mal.

    LA: Apropos: 2012 hast Du bereits den Titel in der Nachwuchsklasse geholt. Jetzt geht ihr in der offenen Klasse an den Start. Was habt Ihr Euch vorgenommen?

    Bei so einer Frage muss man ja immer tiefstapeln (grinst). Aber der Plan ist: Wir wollen aufs Podium.

    LA: Was gibt es nach 1.400 Sprüngen sonst noch für Herausforderungen für Dich?

    1.400 Sprünge hört sich für einen Fußgänger viel an – ist es aber nicht: Ich kenne Menschen mit über 20.000 Sprüngen.

    Im Oktober gehen wir nach Arizona, da wird eine 224er-Formation versucht nur mit deutschen Springern, ein nationaler Rekord-Versuch. Ich bin schon gespannt, weil das ein bisschen tricky ist mit so vielen Leuten in der Luft. So ein Riesending hab ich noch nie gemacht.

    Da freu ich mich drauf – und natürlich auf die Vorbereitung für die nächste Saison mit dem Vierer-Team.

    LA: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei den Deutschen Meisterschaften!

    Zur Person

    Peter Ingenhaag jun. (31) ist Geschäftsführer der „Ingenhaag Autovermietung“ in Augustdorf. Zum Fallschirmspringen gekommen ist er über die Bundeswehr, wo er 2003/04 Fallschirmjäger war. Sein erster militärischer Sprung sei „easy“ gewesen, der erste zivile im Jahr 2008 in Portugal

    dagegen „Horror“. Seither hatte er noch nie eine so lange Sprungpause wie nach seinem Unfall. Zum Formationsspringen kam Ingenhaag Anfang 2011. Schon 2012 gewann er mit seinem damaligen Team den Titel in der Nachwuchsklasse. Seit Ende 2012 springt er mit den „AtomiX“. (cp)

    FS 4er: Vier Springer in Formation

    Peter Ingenhaag und sein Team „AtomiX“ gehen bei der Fallschirmsprung-DM in der Disziplin „FS 4er“ (Formation mit vier Springern) an den Start. Dabei bilden vier Springer im Freifall gemeinsam Figuren, indem sie sich an Armen und Beinen festhalten. Bei jedem Wettkampfsprung muss eine vorher festgelegte Sequenz mit fünf bis sechs dieser Figuren (Formationen) innerhalb von 35 Sekunden so häufig wie möglich wiederholt werden. Entscheidend ist, Drehungen und Positionswechsel schnell und präzise auszuführen.

    Der Sprung wird von einem Videomann gefilmt. Die Bewertung der Jury erfolgt anhand dieser Filme. Jede vollständig gezeigte Formation ergibt einen Punkt. Der Wettkampf geht in der Regel über zehn Runden. Sieger ist, wer am Ende die meisten Punkte hat. (cp)

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