1. Homestory aus dem Stift

    Ehepaar Urbschat: Von Kanada über Vlotho nach Wüsten

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    Wüsten. 2011 ist die Angebotspalette des Evangelischen Stiftes zu Wüsten durch eine weitere Wohnform bereichert worden, im Stiftsjargon kurz "die Bungalows" genannt. Genau genommen handelt es sich bei den vier eingeschossigen Häuschen im oberen Teil des Stiftsparks allerdings gar nicht um ein stiftseigenes Wohnangebot, sondern um Eigentumsbungalows auf einem Erbpachtgrundstück des Stiftes. Die Bewohner dieser Bungalows – selbst Eigentümer oder Mieter der Hauseigentümer – schließen bei Einzug in ihr Haus einen Dienstleistungsvertrag mit dem Stift ab, der ihnen vergleichbare Leistungen zusichert, wie sie auch die Bewohner der Seniorenwohnungen genießen: den Hausnotruf, die Teilnahme an Angeboten und Veranstaltungen sowie Pflege im Krankheitsfall.

    Ehepaar Urbschat wohnt seit knapp drei Jahren in einem der Bungalows. Alles, was mit Musik zu tun hat, steht bei Helmut und Bonita Urbschat ganz oben auf dem persönlichen Monatsprogramm, denn die Musik zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Leben: Beide haben in mehreren, aber in unterschiedlichen Chören gesungen. Bonita Urbschat hat 1974 die Jugendkunstschule in Vlotho mit gegründet. Helmut Urbschat ist langjähriges Mitglied der "Liedertafel", eines ehemaligen Männergesangvereins, der heute unter dem Namen "Liedertafel Germania Vlotho" als gemischter Chor auftritt. Wen wundert’s, dass auch den vier Töchtern der Urbschats die Musik im Blut liegt und die zweitälteste von ihnen sogar eine Gesangsausbildung hat und im Opernchor singt?

    2011 feierten Urbschats ihre Goldene Hochzeit. Da war die Familie vollzählig angereist: vier Töchter, acht Enkel.

    Eine Tochter lebt in Vermont in den USA. Zwei hat es nach Süddeutschland verschlagen. Die älteste Tochter wohnt in Quebec in Kanada. Sie hat die beiden kürzlich für mehrere Tage besucht. "Etwa zwei Mal in drei Jahren", hatte sie mir auf die Frage geantwortet, wie oft sie ihre Eltern sähe. Katharina ist gewissermaßen an ihren Geburtsort zurückgekehrt, den sie im Alter von sechs Wochen mit ihren Eltern verlassen hat. Bonita Urbschat ist nämlich eine gebürtige Kanadierin.

    Wie kam es dann, dass sie und helmut Urbschat, der aus dem Ruhrgebiet kommt, sich kennen und lieben lernten?

    Bonitas Eltern nahmen 1958 einen Austauschstudenten aus Belgien bei sich auf. Dieser kam in Begleitung eines weiteren Studenten aus Essen: Helmut Urbschat. Als das junge Paar 1960 beschloss, gemeinsam nach Deutschland zurückzukehren, war bereits die kleine Katharina auf der Welt. Für die junge Lehrerin Bonita Urbschat war die Übersiedlung nach Deutschland wie ein Sprung ins kalte Wasser: Mit geringen Deutschkenntnissen folgte sie ihrem Mann in das fremde Land und ließ ihre Heimat zurück. "Meine Frau hat mit diesem Schritt großen Mut bewiesen", sagt Helmut Urbschat. Die Liebe zur Musik habe ihr das Einleben und das Erlernen der Sprache erleichtert.

    "Sie hat in den drei Jahren in Essen in drei verschiedenen Chören gesungen."

    Dennoch stand den beiden ein weiterer großer Umzug bevor. Ein Freund von Helmut Urbschat schlug vor: "Lasst uns mit unseren kleinen Kindern irgendwo hin ziehen, wo es noch saubere Luft gibt!" Die Wahl fiel auf Ostwestfalen.

    So kam es, dass die Urbschats Vlothoer wurden, und wie es ihre Art ist, machten sie keine "halben Sachen": mit Engagement setzten sie sich in unterschiedlichen Projekten dafür ein, ihre Welt ein Stückchen besser zu machen. Bonita Urbschat gelang es auf dem Weg über Schwangerschaftsvertretungen in Englisch, wieder in den Schuldienst zurückzukehren. Sie setzte sich in der Jugendkunstschule, im Kinderschutzbund und in verschiedenen Chören ehrenamtlich ein. Helmut Urbschat unterrichtete evangelische Religion und Latein am Königin-Mathilde-Gymnasium in Herford und war 20 Jahre lang aktiv im Rat der Stadt Vlotho. Darüber hinaus ist er Gründungsmitglied der Mendel-Grundmann-Gesellschaft, die sich seit mehr als 40 Jahren mit der Geschichte der Juden in der Stadt Vlotho beschäftigt.

    Als Bonita Urbschat in den 90er Jahren die Diagnose "Multiple Sklerose" erhielt, nahm sie auch dieses Schicksal mutig an. Aber seitdem wussten Urbschats, dass sie fürs Alter eine behindertengerechte Bleibe brauchen würden, die sie in Wüsten gefunden haben.

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