1. Umfangreiche Grabungen in Priors Garten

    Bauhistorische Substanz wird bei Kloster-Neubauten berücksichtigt / Maßnahmen gehen über mehrere Jahre

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    Bernd Adam hat sich durch 120 Akten gewühlt. Rund 10.000 Blatt, sagt er – von denen 2.000 relevant seien. Adam ist Architekt und Bauhistoriker und als solcher von der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers beauftragt worden, bauhistorische Untersuchungen zum Kloster Loccum vorzunehmen. Wichtig ist das der Landeskirche in erster Linie, weil sie umfangreiche Arbeiten auf dem Klostergelände plant. Dafür, sagt Kirchenbaudirektor Werner Lemke, müsse zunächst möglichst viel über die frühere Bebauung in Erfahrung gebracht werden. Denn das Ziel sei es, etwas Neues entstehen zu lassen, das vorher schon einmal da war und das nun mit neuer Nutzung wieder entstehen solle.

    Das bedeutet für Lemke und Bauingenieur Oliver Wolf, der ebenfalls für die Landeskirche arbeitet, aber keineswegs, dass neue Bausubstanz sich ganz und gar den früheren Verhältnissen unterordnen und womöglich ein historistisches Bild entstehen wird. Der heutigen Zeit sollen die Bauten schon geschuldet sein, aber soweit möglich früheren Konstellationen von Gebäudekomplexen nachempfunden.

    Das gilt etwa für die Bibliothek, die in Priors Garten, neben dem Refektorium und in direkter Verbindung zu den Räumen, in denen die Bücher momentan stehen, geplant ist. Während seines Marathons durch 120 Akten hat Adam über diesen Standort einiges herausgefunden. Bis 1815 etwa, erzählt er, habe es dort einen Bau gegeben, der in den Garten hineinragte. Unter anderem sei das Noviziat dort untergebracht gewesen. Was damals abgerissen wurde, entstand teilweise als Anbau an die Bibliothek vor 25 Jahren neu und fügt sich heute gut in das historische Bild des Klosters ein. Vor diesem Neubau soll jetzt aber weiter gebaut werden. Bevor es soweit kommt, müssen aber Archäologen an die Arbeit.

    Ein großer Teil der Rasenfläche vor dem Bau aus den 1990er Jahren werde noch in diesem Sommer bis auf 70 Zentimeter Tiefe Grabungen unterzogen werden, sagt Wolf. Mit alten Schätzen rechnen die Männer nicht – wohl aber mit Hinweisen auf frühere Bausubstanz. Erste Erkenntnisse haben sie schon durch geo-physikalische Untersuchungen, die einem Ultraschall ähneln. Dem Laien erschließt sich zwar kaum, was die unterschiedlichen Schattierungen auf den Plänen aussagen. Für Experten, sagt Wolf, sind nun aber die Suchräume nach alten Fundamenten deutlich geworden. Diese wiederum bestätigen und ergänzen die Erkenntnisse, die Adam aus den Akten gewonnen hat. Die Grabung ist die letzte Voraussetzung für den Architektenwettbewerb, der dann folgt, denn die Fundamente der Bibliothek müssen von Anfang an so geplant werden, dass sie möglichst keine alten Fundamente beeinträchtigen.

    Eines ist in diesem Zusammenhang schon jetzt gewiss: der Verlauf eines Kanals, der in Priors Garten beginnt, unter dem so genannten Siechenhaus hindurch läuft und auf einer Wiese wenig dahinter ans Tageslicht tritt. Rund 800 Jahre alt ist dieser Kanal und der Wasserbaukunst der Zisterzienser-Mönche zu verdanken. Nur durch ein ausgeklügeltes Wasser- und Abwasser-System konnten sie die feuchte Gegend um Loccum für ihre Zwecke nutzbar machen und dieser Kanal war ein zentrales Element. Er darf auf keinen Fall beschädigt werden – dadurch, dass er begehbar ist, lässt sich seine Lage aber leicht feststellen.

    Neben der recht umfangreichen Grabung in Priors Garten soll es eine zweite Grabung hinter dem ehemaligen Abtshaus geben. Dort ist nämlich der Bau eines Gästehauses für das Predigerseminar im Kloster geplant. Allerdings hätten dort über die Jahrhunderte lediglich Wirtschaftsgebäude gestanden, so dass ein einfacher kleiner Grabungsschnitt ausreiche, sagt Wolf. Im kommenden Jahr wird dieses Gästehaus bereits gebaut – sofern der Rat der Stadt Rehburg-Loccum in seiner Sitzung am 23. Juli die Zustimmung zur Erweiterung der Innenbereichssatzung des Klosters gibt. Sowohl der Ortsrat Loccum als auch der Bauausschuss der Stadt haben bereits signalisiert, dass sie mit diesen Plänen einverstanden sind, so dass an der Umsetzung der Pläne der Landeskirche wohl kaum noch gezweifelt werden muss. Foto: jan

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