Lemgo (nr). Also cool geht anders, aber das war zum Endspiel Deutschland – Argentinien auch gar nicht angesagt. Dafür hieß es Atem anhalten und durch. Die Spannung in der Lemgoer Innenstadt war für viele Fans kaum auszuhalten. Die einen hatten sich ein ruhiges Plätzchen gesucht, die anderen litten in der großen Masse. Mitfiebern hieß es aber für alle. Schwarz-Rot-Gold an allen Ecken.
Kurz vor Beginn des Endspiels wurde es still auf Lemgos Straßen – die Stille vor dem Sturm. Dann ging es los. Doch der Sturm wollte einfach nicht kommen.
"Wie kann das sein?" "Das gibt‘s nicht!" "Ich geh ins Kloster." "Jungs, macht was!" Angespannte Fans fieberten in Wohnzimmern, Kneipen und beim Public Viewing verzweifelt mit. Fassungslosigkeit und ein Aufstöhnen als der Ball von Benedikt Höwedes den Pfosten traf oder die Argentinier in den deutschen Strafraum eindrangen. Da saßen – zumindest in den Kneipen – noch die meisten Fans. Hin und wieder ein kurzer Ausbruch, zum Beispiel als Christoph Kramer mit Ezequiel Garay zusammenstieß, und immer wieder verständnisloses Kopfschütteln. Die erste Halbzeit brachte keine Tore, dafür Herzrasen und nervenaufreibende Aufregung. Viele Fans blieben auch in der Pause vor den Bildschirmen. "Die Argentinier sind wie eine Mauer", stöhnte ein Fan zur Halbzeit. Ein anderer meinte nachdenklich "das Spiel ist total ausgeglichen, aber wir nutzen die Chancen nicht. Die Argentinier zum Glück aber auch nicht." Einer orakelte "die knacken wir noch. Wartet mal ab."
In der zweiten Halbzeit kam Bewegung in die Massen. Anfeuerungsrufe und Gesang begleiteten die Fernsehübertragungen. Vereinzelt wurde es so laut, dass der Kommentator nicht mehr zu verstehen war. Es gab aber auch die andere Seite. Ruhigere Übertragungsorte, an denen es zwar deutlich leiser zuging, aber keinesfalls weniger spannungsgeladen. "Ich halt‘s nicht aus, wenn es in die Verlängerung geht", stöhnte jemand in der Menge. Ob er es ausgehalten hat? Wahrscheinlich. Denn in der zweiten Hälfte der Verlängerung kam er endlich, der Sturm: Tor von Mario Götze. Es riss die Fans von den Stühlen. Lemgo im Freudentaumel. Nach zähen Minuten des Zitterns folgte der kollektive Aufschrei. "Wir sind Weltmeister", drang es aus hunderten Kehlen mit dem Abpfiff. Irgendwoher kam ein goldener Pokal und wurde auf die Straße getragen, die plötzlich voller Autos war. Hupen von überall her. Deutschlandrufe aus Fenstern über der Straße. Da hatte das Fieber längst ganz Lemgo gepackt.