1. Unter Hunden

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    Bei seinen Auftritten auf internationaler Ebene bei und im Vorfeld von offiziellen Turnieren hat es die Nationalmannschaft Costa Ricas selten leicht gehabt. Zahlreiche Anläufe brauchten sie, ehe 1990 erstmals die WM-Qualifikation gelang. Danach war das Team noch 2002 und 2006 dabei. Nach einem 1:1 gegen Jamaika, das die Teilnahme am Turnier in Brasilien sicherte, stand dementsprechend das ganze, fußballverrückte Land Kopf. In der Hauptstadt San José kam der Verkehr fast völlig zum Erliegen, tausende Fans feierte den Erfolg ausgelassen. Jetzt, nach den ersten drei Spielen gegen die Ex-Weltmeister Uruguay, Italien und England, kann man sagen: Der Underdog hat es allen gezeigt. Sieben Punkte, Siege gegen Italien und Uruguay, Platz eins, Achtelfinale gegen Griechenland.

    Der Duden definiert den Underdog als Benachteiligten, Schwächeren, jemanden, der einem anderen unterlegen ist. So gesehen ist fast jede Mannschaft irgendwann einmal einer. Doch was macht die oft belächelten, "typischen Underdogs" aus? Generell erwartet man von ihnen nicht viel, ein Punktgewinn ist oft schon ein Erfolg. Will man sie negativ beurteilen, so könnte man sagen: Ihnen mangelt es an Technik, Spielstärke, Durchsetzungsvermögen, Fitness. Außerdem kickt das Gros der Spieler in unterklassigen Ligen, nur selten ragen ein, zwei Spieler aus internationalen Top-Spielklassen heraus. Damit täte man diesen Teams aber unrecht. Denn, und das ist auch bei der WM in Brasilien wieder zu beobachten, auch sie haben ihre Qualitäten: Unbändiger und großer Kampfgeist. Ein besonders stark ausgeprägtes Mannschaftsgefühl. Der Wille, sich dem weltweiten Publikum zu präsentieren und zu zeigen: Schaut, auch wir können Fußball spielen.

    Einen besonders positiven Eintrag in die Geschichtsbücher konnte Underdog Neuseeland, eher als Rugby- denn als Fußballnation zu Ruhm gelangt, in Südafrika schreiben. Bei ihrer ersten WM-Teilnahme 1982 noch ohne Punktgewinn geblieben, war das Turnier 2010 für die "All Whites" zwar auch nach der Gruppenphase beendet – sie blieben mit drei Remis aber als einzige Mannschaft im gesamten Wettbewerb ungeschlagen. Das hatten zuvor nur England (1958), Schottland (1974), Kamerun (1982) sowie Belgien (1998) geschafft. Doch auch andere Mannschaften konnten, auch wenn sie nicht weit kamen, erhobenen Hauptes in die Heimat zurückkehren: Jamaika (Frankreich 1998). Trinidad und Tobago (Deutschland 2006). Die Liste ließe sich fortführen.

    Im Achtelfinale trifft auch die deutsche Nationalmannschaft – bereits beim letztem Gruppenspiel gegen die USA bekamen sie es mit Hunden (und Katzen) zu tun, allerdings regnete es diese – auf einen Underdog. Algerien verteidigte durch ein 1:1 gegen Russland seinen zweiten Rang hinter Belgien. Zwar sah es lange nicht danach aus, letztlich Islam Slimani erlöste seine Mannschaft aber in der 60. Minute. Über bemerkenswert weite Strecken des Turniers wussten die Algerier gerade offensiv überzeugen, allem voran natürlich beim 4:2-Sieg gegen Südkorea.

    Im Spiel gegen Deutschland am Montag wolle man seine Anhänger nun nicht enttäuschen, sagte Trainer Vahid Halilhodžic. Das dürfte kaum möglich sein – man ist ja vermeintlich der Underdog. Wobei sich Algerien nach einem Blick auf die Historie sogar als Angstgegner der Deutschen zeigt: Ein Freundschaftsspiel im Jahr 1964 endete mit 2:0 für die Wüstenfüchse. Das bislang letzte Aufeinandertreffen bei der WM 1982 in Spanien gewannen sie 2:1 – und flogen neun Tage später als Leidtragende der deutsch-österreichischen "Schande von Gijón" raus.

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