1. Wenn es bei einem Kabarettisten am "Synapsieren" ist

    Uwe Steimle zu Gast in der "Alten Polizei" Stadthagen / Politische Satire mit ostdeutschem Akzent zum Nachdenken

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    "Die DDR war natürlich ein Unrechtsstaat, in dem es aber auch Gerechtigkeit gab", erklärte Steimle. "Heute leben wir in einem Rechtsstaat mit viel Ungerechtigkeit." Bewusst sprach er auch nicht von der Wende, sondern von der "Kehre". Denn: "Gewendet hat sich da doch gar nichts." Schon von den Westbrötchen hätte man auf das ganze System dahinter schließen können – "nur viel, viel Luft!" Und überhaupt: Gegen den NSA-Abhörskandal sei die Stasi Augsburger Puppenkiste. Ungerechtigkeit erzürnt ihn. Er habe es sich zur Aufgabe gemacht, die allerkleinsten Dinge aufzuspüren, sagte der Kabarettist, bei dem es regelmäßig "synapsiert" ("Das Wort habe ich mir selbst ausgedacht"). So staunte er darüber, dass es in der "Jesusbäckerei" in Görlitz "Bomben" nur zur Weihnachtszeit gibt, regte sich über aufgesetzte Höflichkeit und den "Kaffee to go" auf, warb dafür Däumchendrehen sowie die Garagengemeinschaft zum Weltkulturerbe ernennen zu lassen und kam immer wieder auf die "Demse" (sächsisch für Hitze und nicht zu verwechseln mit einem Fluss) zu sprechen. Und: Ausdrücke wie "glaubwürdig" sticheln ihn nur noch mehr an. "Glaubwürdig ist etwas für Banken und Kirchen", brachte er es auf den Punkt. "Der Rest könnte es einfach mit der Wahrheit versuchen."

    Und was ihm missfällt, zum Beispiel dass aus seinen geliebten Kräbbelschen "Quarkinis mediterran" wurden ("Dafür haben wir ‘89 doch nicht hinter der Gardine gestanden"), kommentiert er mit dem Lieblingswort der Sachsen – "furschtbor". Besonders zwerchfellstrapazierend wurde es, als Steimle Erich Honecker imitierte.

    Bei aller Ironie und den zahlreichen Spitzen bewies der Kabarettist, dass er auch die ernsten und ruhigen Töne beherrscht. So fragte er, wer eigentlich Ratingagenturen bewerte ("Das wäre doch so, als ob man Gott fragt, woran er glaubt") und wie es um die globalen Ressourcen stehe. Das Wirtschaftswachstum brach er auf eine einfache Formel herunter: Eine Frau hat sich nach drei Jahren 24 "Schlüpper" angeschafft – aber noch kein Waschpulver. "Das heißt den ‚Schlüppern‘ geht es dreckig", rief Steimle in den Saal. Damit bot er den Besuchern mehr als nur politische Satire. Er gab ihnen Zündstoff. Etwas zum Nachdenken. Foto: jl

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