WIEDENSAHL (nb). "Prost, Wilhelm": Mit erhobenem Sektglas, den Blick Richtung Kunst, und einem Lächeln auf den Lippen haben nicht nur einige Gäste, sondern auch Museumsleiterin Gudrun-Sophie Frommhage-Davar und der Vorsitzende des Förderkreises "Wilhelm Busch Wiedensahl" dem Künstler an seinem 182. Geburtstag die Ehre erwiesen. Akteure, Buschfreunde und Kunstliebhaber waren im Geburtshaus des Meisters zusammengekommen, um zu diesem Anlass die neue Ausstellung des Museums zu eröffnen, der am Abend noch der obligatorische "Tusch auf Busch" folgen sollte.
Im "Schatzkästchen" des Hauses wurde zu diesem Anlass die Ausstellung "Die Flüchtigkeit des Augenblicks II" eröffnet, die im Gegensatz zu ihrer großformatigen Vorgängerin "Anna und ihre Geschwister" mit Details und Feinheiten eine andere Facette des Malers Busch zeigt. Um die Bleistiftzeichungen in vollem Umfang zu würdigen, ist ein zweiter, dritter oder auch vierter Blick unbedingt angeraten. "Dann erschließt sich einem die ganze Schönheit der Ausstellung", so Museumsleiterin Gudrun-Sophie Frommhage-Davar. "Man muss sie auf sich wirken lassen", so ihre Empfehlung.
Und das wurde durch die ersten Besucher-Kommentare bestätigt. "Es ist Wahnsinn, wie man auf so einem kleinen Zettel etwas malen kann, das so eine Aussagekraft hat", tauschten ich zwei Damen beim Betrachten der Zeichnungen hinter den Glasvitrinen aus. Besonders die Portrait-Studien hatten es ihnen angetan.
Während die meisten der abgebildeten Personen wie der "Pfeife rauchende Bauer" dem damaligen Wiedensahl und seiner näheren Umgebung zugeordnet werden können, sind einige Häuserfronten, architektonische Details und Innenansichten von Gebäuden in Hameln zu sehen. Zu Papier gebracht hat der damals 23- bis 25-jährige Busch bei seinen Wanderungen und Spaziergängen rund um Wiedensahl und im Weserbergland daneben Spitzbogenfenster, schiefwüchsige Bäume, Eselköpfe, Tiere und handschriftliche Notizen. Sie entstammen dem leicht vergilbten und teilweise "gefledderten" Heft, das Busch selbst auf der Deckblatt-Innenseite als "Wiedensahler Skizzenbuch" betitelt. Die Darstellungen charakterisieren vor allem unterschiedliche Bleistiftstärken und Linienführungen. Vor sechs Jahren hatte das Busch-Geburtshaus erstmalig rund 20 Original-Blätter aus Buschs Skizzenbuch gezeigt, das er von 1855 bis 57 angelegt hatte. In der Fortsetzung werden nun weitere Motive in den Blickpunkt gerückt, vor allem der seinerzeitigen Rückseiten. Frommhage-Davar freut sich, im Landkreis etwas "Einmaliges" zeigen zu können: "Das ist Schaumburger Kulturgut, das gehört hierher." Befindet es sich sonst gut aufgehoben im Archiv, ist es für die Expertin wichtig, diesen und andere Schätze der Öffentlichkeit immer wieder vor Augen zu führen. Das Buch ist seit 2008 Eigentum der Kulturstiftung Schaumburg. Gemeinsam mit der Stiftung der Sparkasse Schaumburg und der Wiedensahler Wilhelm-Busch-Stiftung hatte sie es von privat erworben. Besonders ins Auge stechen die beiden letzten Seiten, auf denen Busch mit Notizen auf die Rattenfänger-Sage und seinen Informationsaustausch mit dem Hamelner Heraldiker Friedrich Warnecke eingeht. Zu sehen sind auch zwei Skizzen von Wappen, die man wiederfinden kann in einem Brief Buschs an Warnecke vom 16. November 1856. Ein würdiges Geburtstagsgeschenk für den Jubilar. "Die Flüchtigkeit des Augenblicks II" wird noch bis zum 19. Oktober in seinem Heimatort gezeigt. Weitere Informationen auf www.wilhelm-busch-geburtshaus.de.
Foto: nb/privat