RINTELN (km). Die Rintelner Universität wird demnächst als Modell die Dauerausstellung im Museum bereichern. Hans-Werner Urlaub und Andreas Döring, Mitglieder des Modelleisenbahnklubs Stadthagen sind mit dem Rohbau bereits weitgehend fertig und präsentierten das Miniatur-Gebäude jetzt erstmals in der Eulenburg.
Gut erkennbar sind schon die Jakobi-Kirche oder auch der Botanische Garten (1621 einer der ersten in Mitteleuropa) im Hof der "Alma Ernestina" und der Karzer, in dem ungezogene Studenten einsitzen mussten. Neben zahlreichen, mühsamen Feintuning-Arbeiten muss unter anderem auch das Dach noch gedeckt werden.
Das größte Problem für die beiden Modellbauer aus Stadthagen sind die asymetrischen Maße: Es gibt kaum einen rechten Winkel in dem Gebäude. "Es sind nur zehntel Millimeter, die entscheiden, ob ein Balken passt oder nicht," erläuterte Hans-Werner Urlaub. Das Eingangsportal etwa sei vollständig aus Holz nachgebaut worden - in 200 Arbeitsstunden. Am Ende rechnen die Baumeister aus Stadthagen mit rund 800 Stunden.
Ehrenamtliche Arbeitsstunden, wie Dr. Stefan Meyer lobend betonte. Meyer wies auch darauf hin, dass von der Universität bis auf die Jakobi-Kirche und die Universitätskomisse praktisch gar nichts mehr übrig geblieben ist.
Als Vorlage für die Rekonstruktion dient ein recht detaillierter Grundriss aus dem Jahr 1747. Und tatsächlich gibt es auch ein Bild aus der Pionierzeit der Fotografie, das aufgenommen wurde, bevor die "Ernestina" vor knapp 140 Jahren abgerissen wurde. -
Von 1621 bis 1810 beherbergte die Weserstadt die einzige lutherische Volluniversität Nordwestdeutschlands. Gründer war Graf Ernst III. von Holstein und Schaumburg (1569-1622), der, trotz der beginnenden Unruhen des Dreißigjährigen Krieges, dafür vom römischdeutschen Kaiser in Wien offiziell autorisiert wurde.
Als "Katalysator" für das kaiserliche Wohlwollen flossen 100.000 Gulden - die dem Grafen zudem zum Fürsten beförderten. Als Standort wurde das seit 58 Jahren ungenutzte Gebäude des ehemaligen Klosters Sankt Jacobi am heutigen Kollegienplatz ausgesucht. Die feierliche Eröffnung fand am 17. Juli 1621, am Tag des zwanzigjährigen Regierungsjubiläums des Fürsten, statt.
In den vier Fakultäten (Medizin, Theologie, Philosophie und Jura) bildeten im Schnitt 12 bis 15 Professoren 100 bis 150 Studenten, davon 37 Stipendiaten, aus. In 189 Jahren wurden insgesamt 159 Professoren und 5000 Studenten gezählt, die allesamt von Steuern, Militärdienst und Einquartierung befreit waren und nicht der städtischen Gerichtsbarkeit unterstanden.
Zu dem Universitäts-Komplex gehörten neben dem Hauptgebäude mit zwei Hörsälen eine Bibliothek, ein Instrumentenzimmer, eine Kommunität (Studentenwohnheim und Mensa), ein Anatomie-Raum, der botanischer Garten mit Gewächshaus, ein Reithaus mit Reitbahn und eine Buchdruckerei, die "Universitätskommisse", das Schanklokal für Studenten und Professoren sowie der Karzer.
Am zehnten Dezember 1809 - drei Jahre nach dem Ende des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation - wurde die Universitäten Rinteln und Helmstedt durch ein Dekret von Napoleon-Bruder Jérôme ("König Lustig") aus Kostengründen geschlossen. 1817 zog das neu gegründete königliche Gymnasium (Ernestinum) in die Räume ein.
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