STADTHAGEN (tr). Das Horn eines Zuges dröhnt ohrenbetäubend durch die Nacht. Bremsen quietschen. Auf den Gleisen, die der Lokführer gleich passiert, stehen mehrere Gestalten. Sie springen in letzter Sekunde aus dem Weg und versuchen, sich in Sicherheit bringen. Doch nicht alle schaffen es rechtzeitig.
Glücklicherweise sind die Gestalten auf den Gleisen nur fiktiv. Sie sind Teil einer Aufführung des "Flying Fish Theatre" für die Klassen 9 und 10 der Schule am Schlosspark. Das Stück greift ein sensibles Thema auf, denn die jungen Jugendlichen, mit knapp 15 Jahren nicht älter als viele der Zuschauer, waren betrunken. Zu betrunken, um noch so schnell reagieren zu können, wie sie es sonst von sich gewohnt sind.
"One for the Road" ("Einen für unterwegs") ist der Titel des Theaterstücks. Hauptpersonen sind die beiden 15-jährigen Freundinnen Lisa und Lucy, ganz normale Mädchen mit für ihr Alter ganz normalen Problemen. Doch Lucy trinkt gerne Alkohol, nicht zu knapp. Sie will älteren Jungen imponieren, vor allem ihrem Schwarm Jack, und sich "cool" fühlen. Lisa hingegen ist der moralische Part von beiden, versucht Lucy zu bremsen - und trinkt am Ende doch mit, weil diese ihre Freundschaft infrage stellt.
Was als ein scheinbar harmloser Umtrunk beginnt, endet in einer Tragödie, die vermeidbar gewesen wäre: Bei der Mutprobe auf den Bahngleisen werden die betrunkenen Jugendlichen von dem nahenden Zug erfasst und kommen ums Leben, darunter auch Jack.
Die beiden Mädchen sind unweit des Geschehens eingeschlafen und werden erst von Blaulicht und Sirenen geweckt. Am nächsten Morgen und bei Befragungen durch die Polizeibeamten können sie sich kaum noch erinnern - Filmriss. Die einzigen Überbleibsel des Abends sind immer wiederkehrende Albträume und Schuldgefühle.
"One for the Road" sensibilisiert die jungen Zuschauer für das Thema Alkoholmissbrauch.
Es prangert aber auch die nachlässige Art an, wie die Mitmenschen damit umgehen. Lisa und Lucy werden von den britischen Nachwuchs-Darstellerinnen Rebecca Newman und Mairi Jack dargestellt, die ihren Figuren vor schlichtem Bühnenbild viel Dynamik verleihen.
Das gesamte Stück ist auf Englisch, es hat also noch einen weiteren Lerneffekt: Das Hörverstehen der Schüler wird trainiert, und in der darauf folgenden Diskussionsrunde auch das Sprechen.
Das aus Krefeld stammende "Flying Fish Theatre" tourt mit einem Repertoire von drei Stücken, welche auf unterschiedliche Altergruppen zugeschnitten sind, durch ganz Deutschland. Foto: tr