LAUENAU (al). Mit stehenden Ovationen und rhythmischem Klatschen hat das Publikum im Lauenauer Sägewerk die schauspielerische Leistung eines jungen Ensembles gewürdigt. Zum dritten Mal gastierte das "Didel-dadel-dum"-Theater aus Beber im Flecken, diesmal mit einem selbst geschriebenen Stück über die zuletzt in Hameln lebende Frauenrechtlerin Rosa Helfers: "Rosa – Ich kann deinen Herzschlag hören".
Der ulkige Name der Gruppe widerspricht ganz dem Ernst und Eifer, mit dem die vorwiegend jugendlichen Mimen sich dem Thema gewidmet haben. Autor Daniel Nagel versetzt sie und ihre Zuschauer in eine Zeitreise mit ständigem Szenenwechsel: hier die flippige Kim, die auf dem Dachboden ein Tagebuch findet und von seinem Inhalt zunehmend gefesselt ist; dort die Lebensstationen der Frau, die ihre Erlebnisse in der staubigen Kladde beschrieben hat – von der Kinderarbeit in einer Zigarrenfabrik, dem Schulalltag mit prügelndem Lehrer bis hin zur Verhaftung durch die Gestapo und dem Aufenthalt in einem "Arbeitserziehungslager".
Dazwischen ihr politischer Weg: Um etwas zu verändern, tritt sie 1907 in die von Männern beherrschte SPD ein – verkleidet und mit einem männlichen Pseudonym. Die Freundschaft zu einem zweifelnden Fabrikantensohn zerbricht: "Kann eine Frau überhaupt etwas verändern?" Sie kämpft gegen Kinder- und Jugendarbeit, warnt vor der Sinnlosigkeit von Kriegen und sträubt sich gegen den Nationalsozialismus. Die Mitgliedschaft in der SPD wird ihr zum Verhängnis. Nach dem Krieg aber wendet sie sich als Mitglied des Hamelner Stadtrates und des ersten niedersächsischen Landtags sofort wieder der Politik zu.
Spannend bis zuletzt hat Regisseurin Peggy Zawilla das Stück inszeniert und ist nach jetzt mehreren Wiederholungen vor vollbesetzten Häusern mehr denn je überzeugt, dass sich auch junge Menschen mit dem brisanten Thema Geschichte auseinandersetzen können. Die pubertierende Kim ist das beste Beispiel dafür: Am Ende räumt sie mit der eigentlich nur aufs Shoppen bedachten Freundin Laura den Dachboden auf und hilft der Mutter beim Kochen; beeindruckt von der Lebensleistung der Tagesbuchschreiberin.
Den bisher neun Aufführungen folgen noch zwei Gastspiele in Groß Berkel und Peine. Danach reist eine Abordnung der Gruppe nach Salzburg mit der Hoffnung auf den Internationalen Jugendtheaterpreis. Neben dem Stück selbst sind drei Hauptdarsteller und drei Nebenrollen nominiert worden. "Wir haben echte Chancen", hofft Zawilla auf den dann wohl größten Erfolg in der jetzt 15-jährigen Bühnengeschichte. Der Auftritt in Lauenau war übrigens der genau 100. Termin seit der Gründung. Foto: al