FEGGENDORF (al). Mehr als 60 Jahre nach den traurigen Ereignissen wird mitten im Deister eine offizielle Kriegsgräberstätte entstehen. Bislang steht dort nur ein kleines weißes Kreuz im Wald. Private Initiativen haben jedoch bereits in der jüngeren Vergangenheit für einen Gedenkstein und eine Informationstafel gesorgt. Auf die gleichen Personen geht auch das erforderliche Anerkennungsverfahren zurück, um den "Friedhof der vergessenen Kinder" nun auch unter staatlichen Schutz zu stellen.
Die Fläche befindet sich an einem Waldweg nur wenige hundert Meter von Nienstedt entfernt. Politisch zuständig ist jedoch die Samtgemeinde Rodenberg, da das Areal bereits zur Gemarkung Feggendorf und damit zum Flecken Lauenau gehört.
Doch die Geschichte um die fast nicht mehr erkennbaren kleinen Grabstellen ist in Nienstedt zu suchen – und zwar konkret im heutigen Schullandheim der hannoverschen Leibnizschule. Der gut hundert Jahre alte burgähnliche Bau bot schon seit 1926 Schulkindern Erholung, diente aber von 1943 bis 1951 der hannoverschen Kinderheilanstalt als Ausweichkrankenhaus, da deren Gebäude zerbombt worden war. In dieser Zeit verstarben während ihres stationären Aufenthalts 1248 Kinder aus der heutigen Landeshauptstadt und dessen Umland, aus Flüchtlingsfamilien und von Eltern, die als ausländische Zwangsarbeiter in der hiesigen Region arbeiten mussten. Etwa 90 der kleinen Toten sind auf dem Areal im Wald beerdigt worden. Die Zahlen schwanken nach letzten Forschungen zwischen 89 und 91 Bestattungen.
Die Ruhestätte geriet jedoch bald in Vergessenheit. Schon Ende der fünfziger Jahre berichtete die Zeitung über einen "verwahrlosten Zustand". Und tatsächlich wurden die dort beigesetzten Kinder buchstäblich vergessen: Die beiden Nienstedter Ortschroniken aus den Jahren 1970 und 1980 gehen trotz ihrer sonst sehr detaillierten Darstellungen nicht auf die Stätte ein. 1977 wurden die Bestrebungen, einen Gedenkstein zu errichten, nicht weiter verfolgt. Erst im Jahr 2001 kam es in einer gemeinsamen Aktion vom Verein Schullandheim, der Forstverwaltung und des heutigen "Kinderkrankenhauses Auf der Bult" zu den jetzt vorhandenen Hinweisen. Dafür hatte sich besonders das Heimleiterehepaar Knittel eingesetzt. Dass dem Friedhof nun neue Aufmerksamkeit gewidmet wird, ist vor allem dem Hamelner Historiker Bernhard Gelderblom zu verdanken. Der Experte für Schicksale von Juden und Zwangsarbeitern im Dritten Reich wurde 2008 durch einen Pressebericht aufmerksam und begann mit Recherchen. Heute kann er die bislang bekannte Zahl von Beisetzungen bestätigen, darunter die von 18 Kindern ausländischer Zwangsarbeiter. Gelderblom hat Fakten zusammengetragen, die geradezu erschütternde Zusammenhänge vermuten lassen. Und er weist nach, dass in Nienstedt verstorbene Zwangsarbeiterkinder auch auf anderen Friedhöfen der Umgebung beigesetzt worden sind. Foto: al