1. Der Freifahrtschein für Hündinnen

    Vom respektlosen Verhalten von Hundehaltern untereinander / Monatelanges Training wird in Sekunden zunichte gemacht

    Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum

    LANDKREIS (wa). Folgendes Szenario: Es ist Neujahrstag. Die Sonne scheint fröhlich vom Himmel. Warm eingepackt geht es mit dem Hund in den Wald. An der Leine. Wildtiere und andere Spaziergänger sollen sich nicht gestört fühlen. Außerdem begegnet man an einem Feiertag besonders vielen anderen Hundebesitzern. Blöd nur, wenn man auf Menschen trifft, die zwar einen Hund halten, sich aber nicht mit ihrer Lebens- und Verhaltensweise auseinandergesetzt haben.

    "Das ist eine Hündin", ruft mir ein Pärchen entgegen, deren Golden Retriever schnurstracks auf meinen angeleinten Begleiter zu läuft. Na Bravo! Ist ja mal eine ganz andere Ausrede als das berühmte "Der tut nix". Dieser Satz ist in den meisten Fällen übrigens die Verschleierung für "Der hört nicht auf mich" (Tut aber nix). Schön und gut. Vielleicht ist meiner aber eine wildbeißende Bestie, die es nun gerade auf Hündinnen abgesehen hat. "Das ist doch egal", entgegne ich, während mein Mann versucht die Retriever-Dame abzuschirmen. Es gibt wohl kaum etwas, dass unfairer und wohl gemerkt gefährlicher ist, als einen freilaufenden auf einen angeleinten Hund los zu lassen. Der angeleinte Hund kann aggressiv oder ängstlich sein, oder sich im Training befinden. Es spielt dabei keine Rolle, um welche Rasse es sich handelt. Seinen nicht angeleinten Hund fröhlich sein Ding machen zu lassen, ist schlichtweg respektlos. Es scheint jedoch viele Hundehalter zu geben, denen es an diesem bedeutenden Wissen mangelt.

    Zum Verständnis: Hunde leben im Rudel. Wenn in einem Haushalt außer einem Hund nur Menschen leben, dann bilden diese Menschen sein Rudel. Sie sind eine Einheit. Selbst wenn es sich nur um einen einzigen Menschen mit seinem Hund handelt. Ist das Rudel nun draußen unterwegs, bleibt es zusammen. Der Ranghöchste, in dem Fall der Mensch sorgt dafür, dass sein Rudel ruhig und entspannt unterwegs sein kann. Doch wir Menschen neigen dazu unsere Vierbeiner zu vermenschlichen. Wir freuen uns, wenn sie sich mit Artgenossen zum Spielen treffen. Finden es sogar amüsant, wenn sie mitten im Feld aufeinander zu stürmen und mit wildem Gekläffe hintereinander herrennen. Solche Situationen werden oft verkannt: Hunde treffen sich nicht mit fremden Hunden zum Toben. Natürlich gibt es hier und da Hundefreunde mit denen man spazieren geht. Man kennt sich und respektiert sich. Aus augenscheinlichem Spiel kann ganz schnell bitterer Ernst werden. Gut sozialisierte, einander fremde Hunde, begegnen sich auf Distanz, ignorieren sich freundlich und achten auf ihren Rudelführer – ihren Menschen. In unserer Welt wäre das so, als würde man einem Fremden höflicherweise zu nicken und einfach weitergehen. Alles andere, wie beispielsweise auf ihn zu rennen, ihn fixieren und ihn gar umarmen wäre sehr respektlos. Sehen Sie auch so, oder? Fremde Menschen lässt man eben nicht gern an seinem Hintern schnuppern. Und Hunde wollen das schon gar nicht, wenn sie an der Leine sind und sie von einem unbekannten Artgenossen bedrängt werden.

    Es gibt Hunde, die auch ohne Leine und auf Zuruf vorzüglich an der Seite ihres Besitzers laufen, sollte es zu einer Begegnung mit anderen Hunden kommen. In vielen Fällen ist es aber nicht so. Und bevor sich der Hundehalter die Blöße gibt zu rufen und sein Vierbeiner nicht hört, lässt er ihn handeln. Für den anderen Hundebesitzer oft fatal: Monatelanges Training wird binnen Sekunden zunichte gemacht, hatte man vorher beispielsweise einen Leinentyrann oder ängstlichen Hund. Doch noch schlimmer: Der freilaufende wird vom angeleinten Hund gebissen. Man darf sogar sagen: Zu Recht! Der bedrängte Hund hat sich mangels Ausweichmöglichkeit einfach gewehrt. Die meisten Hundehalter sind dann regelrecht empört – ihr Hund "tut ja schließlich nix". In meinem oben beschriebenen Fall hätte ein Zurückrufen ausgereicht, um die unangenehme Situation zu entschärfen. "Das ist eine Hündin" hat lediglich die Unwissenheit und Unfähigkeit der Hundebesitzer bestätigt. Wir sollten uns und unseren Hunden den Gefallen tun, wenigstens draußen ein respektvolles Miteinander zu pflegen. Foto: wa

  2. Kommentare

    Bitte melden Sie sich an