1. Schaumburger Abfallsystem im Irak

    Irakische Delegation besichtigt Entsorgungszentrum / Situation ist kritisch

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    SACHSENHAGEN (ag). Müll ist kein Müll, sondern ein Rohstoff: Diese ökonomische und ökologische Devise soll zukünftig auch im Irak Anwendung finden. Dazu sind fünf Experten des irakischen Ministeriums für Industrie und Mineralien nach Deutschland gereist, um sich unter anderem die Müllverarbeitung in Schaumburg, im Entsorgungszentrum in Sachsenhagen, anzuschauen. Ihre Strategie: "Technologien in den Irak transferieren und Anlagen von Deutschland kaufen", so Jalal H. Talabani, Generaldirektor des Ministeriums. Der Mann mit der goldenen Visitenkarte stammt aus der irakischen Präsidentenfamilie.

    Übersetzt wurde das Gespräch von Draouil Tarek, Generaldirektor von DHK Afrika. Die deutsche Firma Orbis Network agiert als Planungsbüro für die Entwicklung deutscher Mülltechnologie und -anlagen im Ausland. Die DHK Group ist als Partner für die Projektrealisierung vor Ort zuständig. Nach Sudan, Tunesien und Algerien hat nun auch der Irak Interesse bekundet. "Aktuell ist die Situation im Irak dramatisch", erklärte Jalal Talabani. Ein funktionierendes Entsorgungssystem wird dringend benötigt. Denn bislang wird der Abfall auf wilden Deponien vergraben, dass heißt in großen Löchern gesammelt, oder bleibt in den Straßen liegen. "Um das Grundwasser steht es kritisch", so Jalal Talabani weiter. Wegen des Krieges gebe es zudem kaum Strom, wodurch die Situation noch verschlimmert wird. Nach dem Motto "waste to energy" ("Aus Müll Energie machen") sollen zukünftig zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Wie das funktionieren kann, hat sich die Delegation in Sachsenhagen angesehen.

    Im Entsorgungszentrum Schaumburg, das deutschen Standards entspricht, fallen pro Jahr bis zu 95 000 Tonnen Gesamtabfall an, ausgenommen Bauschutt. Davon werden nur 7000 bis 8000 Tonnen deponiert. Der Rest wird wiederverwertet. Aus Altpapier wird Neupapier, aus Biomasse Kompost, aus Metall wieder Metall, aus Glas wieder Glas und aus Restabfällen Biogas. In der Vergärungsanlage wird aus Bioenergie Gas erzeugt, welches in Blockheizkraftwerken der Stromerzeugung dient. "Die Deponie ist zweitrangig", sagte Geschäftsführer Bernd Insinger, der die Delegation durch das Entsorgungszentrum führte. In der Anlage wird Müll sortiert, aufbereitet und verwertet.

    Die wenigen Überreste werden gesichert abgelagert, sodass keine Gefahr für das Grundwasser besteht. Die Gäste hörten dabei interessiert zu und stellten zahlreiche Fragen: "Er hat 10 300 Fragen, sie müssen 10 300 Antworten haben", scherzte der Dolmetscher. Die Gastgeber zeigten sich von soviel Wissbegier begeistert. "Fragen zeugen von Verständnis", sagte Dirk Köhler von der DHK Group.

    "Die fünf Herren sind die wichtigste irakische Wirtschaftsdelegation", so Moreno Ciotti von Orbis Network, "sie haben ein sehr großes Budget zur Verfügung." Orbis Network ist in Minden ansässig. Das Sachsenhäger Entsorgungszentrum ist dem Unternehmen deshalb gut bekannt. Das Entsorgungssystem im Irak soll in etwa nach Sachsenhäger Vorbild entstehen. Hinzu kommen unter anderem noch eine Wasseraufbereitungsanlage und eine Thermolyse. Foto: ag

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