1. Neue Zeichen der Erinnerung

    Stolpersteine erinnern an Opfer des Nationalsozialismus / Verlegung am Mittwoch

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    STADTHAGEN (nb). Hermann Heymann hat 1937 einige Monate in der Stadt gelebt und gearbeitet, bevor er in Hildesheim seine Frau Ilse heiratete und mit ihr auf der Flucht vor dem Nazi-Regime nach Ecuador auswanderte. Ihm und zwölf weiteren jüdischen Opfern des Nationalsozialismus wird am kommenden Mittwoch, dem 27. November mit je einem "Stolperstein" gedacht.

    Verlegt werden die metallbeschichteten Pflastersteine ab 14 Uhr an drei Adressen, immer vor dem letzten selbst gewählten Wohnort ihres Namensgebers. Los geht es an der Enzerstraße 24, dem ehemaligen Zuhause der Silberbachs. Kriegsinvalide Ernst und Ehefrau Johanna Hedwig Silberbach zogen 1927 nach Stadthagen. Nachdem Ernst nach einer ersten Verschleppung 1938 ein Jahr später zurückkehrte, versuchte die Familie vergeblich auszuwandern. Im Dezember 41 wurden sie nach Riga deportiert. Johanna Hedwig starb 1944 im KZ Stutthof, Ernst Silberbach kam 1944 nach Buchenwald. Er erlebte die Befreiung, starb jedoch im Mai 1945 an den Folgen der Lagerhaft. Sohn Horst wurde 1938 in das KZ Buchenwald verschleppt und kehrte noch einmal zurück, bevor er 1941 ebenfalls nach Riga und in das KZ Stutthof deportiert wurde. Über sein Schicksal ist nichts Konkretes bekannt. An der nächsten Station, der Obernstraße 39, wird die Familie Meier, Ehepaar Ludwig und Julie sowie ihre Tochter Ilse, geehrt. Sie waren 1927 nach Stadthagen gezogen und wanderten 1937 in die USA aus. Am letzten Haus an der Obernstraße 26 werden gleich sieben Steine ins Pflaster gelassen. In dem ab 1939 zum "Judenhaus" erklärten Gebäude lebten bis zur Deportation ins Warschauer Ghetto Adolf und Malchen Goldschmidt, Fritz Weinberg, der 1938 ins KZ Buchenwald kam und später nach England ausreiste sowie Herbert Wildau, der 1937 mit seiner Familie nach Argentinien auswanderte und später in Mexiko lebte. Erich Stern kam 1937 mit seiner Anstellung als Abteilungsleiter im Kaufhaus Lion in das Haus, wurde ein Jahr später in Buchenwald inhaftiert und zur Zwangsarbeit verpflichtet, bevor es ihm gelang, in die Dominikanische Republik und später in die USA auszuwandern. Rudolf Weinberg kam 1938 als Lehrling zu Lion und mietete sich ebenfalls im Haus der Goldschmidts ein. Einige Monate später wanderte er bereits in die USA aus. So vielfältig wie die Leben der jüdischen Mitbürger verlaufen sind, so vielfältig sind die Bande, die sie mit der heutigen Kreisstadt verbunden haben. An sie erinnern die Steine, die der Kölner Künstler Gunter Demnig erdacht und bereits an über 600 Orten in Deutschland und Europa verlegt hat. Innerhalb des Landkreis sind in Bückeburg, Bad Nenndorf, Beckedorf, Rodenberg und Rinteln ebenfalls einige von ihnen zu finden. In Stadthagen kommen seit 2011 jährlich einige hinzu, mittlerweile bringt es die Stadt auf 23 der Gedenkmale. Die Verlegung wird musikalisch begleitet, Schüler der IGS Schaumburg verlesen die Kurzbiografien der gedachten Personen. Ein Stein kostet 120 Euro, die ausschließlich aus privaten Spenden von Bürgern und Institutionen finanziert werden. Die jüdische Gemeinde in Bückeburg hat die Kosten für zwei von ihnen übernommen, je einen Stein haben das Wilhelm-Busch-Gymnasium und ein Kurs des Ratsgymnasium finanziert. Bei der Verlegung ist noch ein ganz besonderer Spender dabei: David Heymann. Als Sohn von Hermann Heymann spendet er den Stolperstein für seinen Vater selbst, was ihm ein besonderes Anliegen war, als er von der Aktion durch den Kontakt zum Arbeitskreis des "Fördervereins ehemalige Synagoge Stadthagen" erfuhr. David Heymann lebt heut in Hannover. Nach einigen Jahren in Ecuador war seine Familie nach Deutschland zurückgekehrt. 1960 hatte sein Vater Selbstmord begangen.Foto: nb/privat

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