LANDKREIS (nb). Die Bestattungskultur unterliegt einem Wandel und der stellt Vieles in Frage, was Jahrtausende Gültigkeit hatte. Unter dem absichtlich provokant gewählten Titel "Das Beste kommt zum Schluss" hielt Steinbildhauermeister Uwe Spiekermann auf Einladung des Hospiz- und Palliativnetzwerkes Schaumburg im Kreishaus einen Vortrag. Dessen Ursprung liegt jedoch nicht in der Erwartung eines "krönenden Abschlusses", sondern in seiner Arbeit als Künstler, die zu einem wesentlichen Teil durch die Gestaltung von Gräbern geprägt ist. Die geht Spiekermann in seinem Langenhagener Betrieb nämlich anders an, als die sich immer kommerzieller ausrichtende Friedhofsindustrie. Mit seinen Werken möchte Spiekermann nicht nur einen Gedenkstein setzen, sondern "Lebensspuren" des Verstorbenen auch nach dessen Tod sichtbar machen und mit Angehörigen neue Trauerrituale entwickeln. Persönliche Symbole zieren den Stein des Verstorbenen, eingebaute "Reliqiuenschreine" nehmen persönliche Botschaften des Trauernden auf. Engel etwa finden sich auf dem Grabmal und als Kerze auf dem heimischen Gedenkplatz wieder. Sein Produkt nennt Spiekermann selbst "Grenzstein", wobei dies nicht als Kennzeichnung einer Grenze zu verstehen ist. Vielmehr ist es Spiekermanns Anliegen, auf Friedhöfen einen Platz der Begegnung für die Lebenden mit dem Tod zu schaffen und damit wieder einen neuen Platz im Leben. "Feiern" die Mexikaner etwa wie selbstverständlich mit ihren Toten, hätten Gedanken an Krankheit, Tod und Alter ihren Raum in der deutschen Gesellschaft verloren. Bei dem Fokus auf Gesundheit, Reichtum, und Erfolg wolle vom Sterben niemand mehr etwas wissen. Den Wunsch nach Nachhaltigkeit bedient Spiekermann mit Objekten von doppeltem Nutzen: Zu Lebzeiten als Dekoration oder Sitzgelegenheit im Garten genutzt, verschönern sie später die Grabstelle und könnten nach der Ruhezeit noch das Leben der Enkel bereichern. Diesem bewussten Trend zur Individualisierung, vor allem in Fällen "unzeitiger" Tode steht zugleich eine Anonymisierung der Bestattung gegenüber. Die Zahl der Urnenbeisetzungen steigt stetig, immer mehr Menschen interessieren sich für ein anonymes Grab ohne Namen, ohne Stein und ohne Pflegeverpflichtung. Dabei gibt es aus Spiekermanns Sicht genügend Alternativen, etwa "Ruhegemeinschafts-Plätze", die mit einer Einmalzahlung sozusagen "Alles in einem" enthalten, von der Gestaltung bis zur Pflege. Die Trends zur "Privatisierung", wie dem häufiger werdenden Wunsch, die Urne des Verstorbenen zuhause aufzubewahren, sieht der Steinbildhauermeister kritisch. "Da wächst kein Gras drüber", sagt er, und meint damit, dass es den Versorbenen so eigentlich erschwert würde, loszulassen und ins Leben zurückzukehren.Am Ende seines Vortrages brach er eine Lanze für den Friedhof, der schon ein beinahe altmodisches Image hat. Die Folge: Die Friedhöfe und ihre Gräber stehen in großen Teilen leer, die Kosten werden nicht gedeckt und die Grabkosten steigen weiter. Dabei sei auch hier eine naturnahe Bestattung wie in einem trendigen "Friedwald" und noch mehr möglich. "Der Friedhof ist nicht mehr der einzige Ort der Trauer, aber für mich immer noch der beste", so sein klares Fazit.
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