STADTHAGEN (ag). Erstmals waren rund 200 Interessierte zu den regelmäßig stattfindenden Mittagsgesprächen der Konrad-Adenauer-Stiftung im Stadthäger Ratskeller gekommen. Der Grund dafür: Bundesligalegende Otto Rehhagel. Überschrieben war die Veranstaltung mit "Gemeinsam Griechenland Mut machen". Wer dabei aber ernsthaft über Griechenland diskutieren wollte, war fehl am Platz. Fußballfans hingegen sind vollkommen auf ihre Kosten gekommen. Im Gespräch ging es um rechtsradikale Gruppen und Gewalt im Stadion, das Derby zwischen Hannover und Braunschweig, überzogene Ablösesummen im Profifußball, Anekdoten aus 50 Jahren Bundesliga und ob Rehhagel lieber Sekt oder Selters trinke. Die Antwort war übrigens Champagner. Aber wo war Griechenland?
"Weder Politiker noch Ökonom", dafür aber griechischer Nationalheld ist Otto Rehhagel. Dort war er neun Jahre lang Trainer der Nationalmannschaft und führte diese 2004 auch zu einem überraschenden Europameistertitel. Mit der griechischen Krise gut vertraut ist Europaparlamentarier Burkhard Balz, der ebenfalls zum Mittagsgespräch geladen war. Der Dritte in der Runde war Karl Rothmund, Vorsitzender des Niedersächsischen Fußballverbandes, der weniger Bezug zu Griechenland, dafür aber zum internationalen Fußball hat. Moderiert wurde das Gespräch von Dr. Uwe Graells.
Durch seine langjährige Kenntnis der griechischen Kultur und Mentalität rät Rehhagel, "den Gürtel nicht so eng zu schnallen, dass die Griechen keine Luft mehr kriegen". Sie sollten zwar für die Krise gerade stehen, aber nicht unter Aufbietung aller finanziellen Mittel. "Ich würde gerne sehen was ihr sagt, wenn ihr 40 Prozent eures Einkommens abgeben müsstet", so Rehhagel. Griechenland sei zudem ein sehr schönes Land, also "fahrt alle dorthin in den Urlaub". Die Griechenland-Diskussion war zwischen aktuellen Fußballthemen jedoch zum Teil eher nebensächlich. "Im Fußball gibt es keinen einheitlichen Sozialstandard", bedauert NFV-Vorsitzender Rothmund. Gerade jetzt seien zudem die wahren Fans gefragt, sich von gewalttätigen "Ultras" zu distanzieren.
Gegen Ende konfrontierte der Moderator Rehhagel mit mehreren Zitaten, die er im Laufe seiner Karriere äußerte: "Jeder kann sagen, was ich will." "Wir spielen am besten, wenn der Gegner nicht da ist." "Die sollen sich nicht so anstellen. Bei mir zählen nur glatte Brüche als Verletzung". Dieses Zitat sei entstanden, nachdem ein Spieler wegen einer Reizung in der Kniefalte ausgefallen sei, erklärte Rehhagel, der sich noch heute fragt, was das überhaupt sein soll. Das Publikum quittierte diesen Teil des Gespräches mit lautstarkem Gelächter.
Dass Otto Rehhagel ein spannender Gast ist, der einiges zu erzählen hat und mit dem es viel zu lachen gibt, daran besteht kein Zweifel. Auch wenn "Gemeinsam Griechenland Mut machen" vielleicht nicht ganz den Kern der Sache getroffen hat, so ist wohl kaum einer mit ernsthaftem Groll darüber nach Hause gegangen.Foto: ag