RIEPEN (mh). "Alles hat seine Zeit", mit ein wenig Wehmut blickt Andreas Gehrke auf die erfolgreiche Zeit des Sterne-Restaurants "La Forge" zurück. Das Restaurant, das die Brüder Gehrke in Riepen zu einer der besten Adressen für Spitzengastronomie aufgebaut haben, schließt Ende diesen Jahres. "Unser Ziel war es, den ersten Stern nach Schaumburg zu holen", sagen die Brüder. Nicht nur das ist ihnen gelungen: Küchenchef Ernst-August Gehrke bekam 1988 seinen ersten Stern – und hat ihn 25 Jahre lang nicht wieder hergeben.
Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Familie Gehrke neben Wehmut vor allem eines empfindet: Stolz auf die Leistung, die das Team die ganzen Jahre gezeigt hat. Wer jetzt meint, die beiden lassen es ruhiger angehen, der hat sich getäuscht. Denn mit ihrer Erfahrung und dem Gespür für gastronomische Trends werden sie im kommenden Jahr eine gehobene Bistro-Küche anbieten, in dem die Freude am Essen mit Freunden und Familie im Mittelpunkt steht.
Räumlich wird einiges verändert: Der große Raum des "La Forge" wird dem Restaurant "August" zugeschlagen, das Glaszimmer soll als Lounge den Hotelgästen dienen. Einige Ideen aus der Sterneküche werden auf der Karte des "August" auftauchen, wie Ernst-August Gehrke verrät. "Der Gast will sich wohlfühlen und genießen, und sich nicht zur Bewunderung der Speisen genötigt sehen", verdeutlicht der Sternekoch die veränderten Ansprüche und Erwartungen der Gäste.
Beide Brüder meinen, die Zeit des aufwändigen Kochens sei vorbei. Heute verlange der Gast eher nach einfachen, oft auch regionalen Rezepten, zubereitet mit hervorragenden Produkten und serviert in einer angenehmen Atmosphäre. Diesem Trend will man nicht hinterherlaufen, sondern ihn mitprägen. Das "August" wird sich in Zukunft noch frischer und moderner präsentieren, bei der Dorfstube "Esse" bleibt alles beim Alten. "Auch ohne Stern kochen wir jetzt nicht schlechter", versichert Andreas Gehrke und versprüht Aufbruchsstimmung nach der "grundlegenden und schweren Entscheidung" für die Familie.
"Kochkunst pur", "Obwohl in der Provinz gelegen, zelebrieren hier die Brüder Andreas und Ernst-August Gehrke eine Gastronomie, die jeder Weltstadt zur Ehre gereichen würde", "Doch längst hat das ‚La Forge‘ den Status eines kulinarischen Geheimtipps weit hinter sich gelassen und ist in die Elite-Liga der deutschen Spitzen-Gastronomie aufgestiegen" – Was angesehene Kritiker im Laufe der Zeit über das "La Forge" geschrieben haben, verdeutlicht die Leistung des Familienbetriebes seit der Restaurant-Eröffnung im November 1986. "150 000 DM haben unsere Eltern uns damals für unsere Idee genehmigt", blickt Andreas Gehrke zurück. Zuvor hatten die Brüder einiges an Überzeugungsarbeit leisten müssen, um ein Feinschmeckerrestaurant eröffnen zu dürfen. Erste Probegerichte und ein stimmiges Konzept überzeugten die Eltern letztendlich. Seit dem Beginn, seit nun fast 27 Jahren, hat Ernst-August Gehrke im "La Forge" das Sagen und es zu einem anerkannten Küchenmeister gebracht. Während es viele Spitzenköche immer wieder quer durch die Republik und quer durch die Welt durch verschiedene Küchen zieht, ist Ernst-August Gehrke dem Familienbetrieb immer treu geblieben. 1988 gab es den ersten Michelin-Stern für das Restaurant. Nur ein Meilenstein auf dem Weg zur Spitzengastronomie: 1993 erstmals Nummer eins in Niedersachsen, ab 1999 für vier Jahre die Nummer eins in Norddeutschland sowie Platz 15 der besten Restaurants Deutschlands – Konkurrenz in Sylt oder Hamburg ließ das Schaumburger Restaurant locker hinter sich.
Auch Andreas Gehrke hat sein Übriges dazu beigetragen: 2006 erhält die Weinkarte des Restaurants die Auszeichnung "Eine der besten Weinkarten der Welt" des Metternich-Führers, 2009 vergibt der Feinschmecker für die Weinkarte Platz sechs in Deutschland. "Wir haben uns nie so eng an die Erwartungen der Restaurantführer angelehnt", sagt Ernst-August Gehrke. "Und trotzdem haben wir nun 25 Jahre ohne Pause den Stern erkocht und es sogar zur Nummer eins im Norden gebracht."
Nun der Schritt zum Weg in eine neue Richtung. Die Familie ist überzeugt, dass es im Moment der richtige Schritt ist. Zum Abschied vom alten Küchenkonzept präsentieren die Gehrkes noch einmal das ganze Können ihrer gehobenen Küche. In einer Reihe von thematischen Wochen erinnern sie an alte Erfolge und an Weggefährten. Die Gourmet-Abschieds-Tour beginnt am 19. September mit einem Menü aus den Anfangstagen.
Den Schlusspunkt setzt das Silvester-Galamenü. Wenn an diesem Abend das Feuerwerk über dem Landkreis aufblitzt, dann zelebriert das "La Forge" zum letzten Mal ein ganz großes kulinarisches Feuerwerk – danach beginnt eine neue Zeit im Schmiedegasthaus.
Foto: mh/Archiv mh