WIEDENSAHL (nb). Wilhelm Busch hin oder her, für vier Tage steht ein ganz anderer im Mittelpunkt des Dorfgeschehens, dessen Stellung von nicht minder historischer Bedeutung ist. Wiedensahl hat kurzerhand alte Zeiten wieder aufleben lassen und einen neuen "Kaiser" ausgerufen. Mit bürgerlichem Namen heißt er schlicht Jürgen Rösner und hat sich als Bester aus der Riege der Schützenkönige diesen Titel mit einem gut gesetzten Schuss verdient. Zum Ausmarsch der Bürgerkompanie am gestrigen Freitag hielt er mit seinem Gefolge auf dem Sportplatz Hof. Wer auf 225 Jahre Schützenfest-Tradition zurückblicken kann, ist neben den herkömmlichen Schützenkönigen auch für eine weitere Majestät gewappnet. Und dieses große Jubiläum ist zugleich auch der Anlass, warum es den nunmehr zweiten Kaiser der Dorfgeschichte überhaupt gibt. "Da kann man das schonmal machen", findet Ratsmitglied Horst Peeck.
Zum 225. Gemeindeschützenfest hat der Ort neben althergebrachten Sitten aber ebenso eine echte Premiere zu bieten: Erstmalig wurde die Gemeindefahne, die traditionell in den Händen des Gemeindeobersten liegt, von einer Frau getragen: Bürgermeisterin Anneliese Albrecht. Für Neues ist auch im Festablauf Platz. Nachdem erst die "jungen Alten" mit der Dorfkapelle am Donnerstagabend und Tanz im Zelt auf ihre Kosten kamen, wurde mit der Zeltdisco ebenso der jüngeren Generation etwas geboten. Die war beim Ausmarsch der Jungbürgerkompanie erneut gefragt, bevor am Sonnabendnachmittag von Kinderprogramm bis Kaffee und Kuchen für die ganze Familie gesorgt wurde. Dass die Bürger in Wiedensahl für jeden Fall gut gerüstet sind, haben sie beim Antreten und Aufmarschieren unter der Führung von Major Volker Ronnenberg, Adjutant Jens Deterding, Hauptmann Ulrich Döhrmann, Oberleutnant Hauke Heinitz, Leutnant Jörg Wilkening und Fähnrich Jörg Deterding bei striktem Regenverbot unter Beweis gestellt.
Ob Konzert, Frühstück oder gesellige Zusammenkünfte auf dem Zelt, die Dorfbewohner halten zur Stange und machen mit. Nicht zuletzt, weil alle miteingebunden sind, wie Peeck zu berichten weiß. "Bei uns hat das Schützenfest eben noch einen Stellenwert". Was und wen das nächste Schützenfest bringt, bleibt für dessen Besucher spannend. Ronnenberg kündigte bereits an, im kommenden Jahr nicht mehr für seinen Posten zur Verfügung zu stehen, einen Nachfolger werde es aber geben.
Als eine seiner letzten Amtshandlungen ehrte er den Künstler der Schützen-Scheiben, Detlef Huxoll, mit dem Verdienstorden für besondere Verdienste um das Schützenfest. Ob sich das Modell Kaiserreich in Wiedensahl bis dahin bewährt, bleibt offen. Der Billigung der USA und ist sich der Major jedenfalls sicher, da Barack Obama und Englands Premier David Cameron den regen Emailverkehr sicherlich registriert hätten. "Vielleicht hat Obama Merkel am Brandenburger Tor ja darauf hingewiesen."
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