STADTHAGEN (nb). Durchweg persönlich berichtet Karsten Becker von seinen Erfahrungen und Aufgaben als Abgeordneter des Niedersächsischen Landtages. Innerhalb der Reihe "Nachgefragt" wagte er nach 100 Tagen im Amt eine erste Bilanz, die Undine Rosenwald-Metz, Direktorin der Volkshochschule, aus ihm herauskitzelte. Becker arbeitet in den Ausschüssen für "Inneres und Sport" sowie "Umwelt, Energie und Klimaschutz" mit und gehört mit zwei Reden im Plenum des Landtages bereits zu den aktiveren Mitgliedern des Landtages, Zwischenrufe inklusive. Gute Vorbereitung und eine gewisse Gelassenheit seien laut Becker nötig. "Kein Kaffeetrinken", formulierte es die Moderatorin. Unterschiede im Wahlkreis- und Landkreis-Mandat sieht Becker nicht in den Themen, sondern vor allem im Charakter der Arbeit. Als Kreitagsabgeordneter war er exekutiv tätig, in Hannover sei er nun legislativ tätig. Der Umgang unter den Landtagsmitgliedern sei sehr stark von der Sache geprägt. In der Kreispolitik gehe es pragmatisch zu und es sei leichter über Trennendes hinwegzukommen. Im Landtag gehe es um die Zugspitze, über Inhalte werde dort nicht mehr diskutiert, die Debatten verliefen pointierter und zugespitzter.
Persönlich hat sich Becker das Ziel gesetzt, in den nächsten fünf Jahren weitere Ebenen zu durchlaufen. Aktuell ist er durch seine Mitarbeit in den Ausschüssen an grundsätzlichen Umstrukturierungen beteiligt, etwa wenn es um die Flüchtlingspolitik geht. Deren Ausrichtung beschreibt er unter der alten Landesregierung als "restrikitiv", die Abschiebepraxis als Menschen missachtend. Auf dem Weg der Veränderung soll nun zuerst die Härtefallkommission als prüfendes Gremium nach neuen Regeln arbeiten, damit laut Becker die humanitären Gesichtspunkte im Sinne der Betroffenen stärker in Vordergrund rücken. Die Zugangsvoraussetzungen werden dafür gelockert. Hinsichtlich der Integration ist Becker der Auffassung, dass es in Deutschland eine "Willkommenskultur" geben müsse. Wenn Teilhabe und Chancengleichheit herrschten, ließe sich die Bereitschaft zur Integration einfordern. "Dann findet man zueinander", so Becker. Im Spektrum von Umwelt, Energie und Klimaschutz stehen ebenfalls Wechsel an. Erstmalig seit 30 Jahren sei mit dem Endlagersuchgesetz das "Dogma" durchbrochen, den gesamten Atommüll Deutschlands in Niedersachsen zu lagern. Im Zuge der Energiewende sieht Becker für das Land auch wirtschaftlich große Chancen aufgrund seines hohen Quote an erzeugter Windenergie. "Die Fertigung geht dorthin, wo die Energie günstig ist und problemlos zur Verfügung steht." Im Zuge einer weiteren Anlagen-Ausdehnung seien auch Genossenschaftsmodelle denkbar, die vielen Gegnern den Wind aus ihren Segeln nehmen könnte. Insgesamt also viel Arbeit auf allen Ebenen, die mit Stapelbildung auf dem Schreibtisch und vielen auswärtigen Terminen einher geht. Zumal in den vergangenen Wochen viele Antrittsbesuche im Terminkalender standen. Doch Becker klagt nicht: "Ich wollte es ja so, selbstgewähltes Schicksal." Dass er sich dabei nicht nur auf seine zwei Mitarbeiter, sondern vor allem auf seine Frau verlassen kann, ist Becker sehr bewusst. "Ohne sie würde ich das alles gar nicht schaffen, es wäre nicht machbar."Foto: nb