STADTHAGEN (wa). Ein Streit, ein hitziges Wortgefecht, eines kommt zum anderen und schon ist es passiert: Was tun Männer, die ihren Partnerinnen beziehungsweise Ex-Partnerinnen gegenüber gewalttätig geworden sind? Sie melden sich bei der Gruppe Jugendhilfe für einen Kurs an, der sie wieder auf den richtigen Weg bringt. In Stadthagen haben derzeit acht Männer das Angebot der Täterberatung Häusliche Gewalt genutzt und werden es laut den Sozialpädagogen Christina Morawe und Marcus Köster erfolgreich absolvieren - also beim nächsten Streit ruhig bleiben, nicht handgreiflich werden. Aber: "Wir können den Tätern natürlich nur vor den Kopf gucken", sagt Detlev Beaury, Geschäftsführer der Gruppe Jugendhilfe e. V. .
Beim Erstgespräch mit Morawe und Köster, müssen dieTeilnehmer ihre Tat zugeben, bevor es mit der Gruppenarbeit weitergeht. "Der Kurs kann der Start für eine Verhaltensänderung sein und ist eine echte Chance für sie", so Köster. In der Gruppe gilt, jeder muss sich beteiligen und über seine Tat sprechen. Dabei übernehmen die Männer Verantwortung für ihre Tat und die Folgen. Gemeinsam mit den Sozialpädagogen erarbeiten die Männer in Rollenspielen und Übungen eine Strategie, mit der sie gewaltfrei aus Konfliktsituationen herauskommen. Dazu gehört auch der Umgang mit Stress, Förderung der Empathiefähigkeit und die Steuerung eigener Gefühle sowie Affekte. Der Kurs gibt den Teilnehmern Gelegenheit, die Auslöser für ihre gewalttätigen Handlungen herauszufinden und somit Rückfälle in gewaltbereites Verhalten zu vermeiden. Es wird quasi ein Notfallplan für brenzlige Situationen erarbeitet. Die Altersspanne der Teilnehmer reicht von 22 Jahren bis 79 Jahren. Sie kommen aus jeder erdenklichen sozialen Schicht.
Doch wo fängt Häusliche Gewalt eigentlich an? Nicht nur physische gehört dazu, sondern auch psychische Gewalt: "Oft versuchen Männer aus mangelndem Selbstbewusstsein ihre Frauen klein zu machen. Du bist dick, hässlich, du kannst nichts", berichtet Mediatorin Christina Morawe. Ebenso gibt es sexualisierte Gewalt. Und: Viele Männer sind sich gar nicht bewusst, dass auch ihre Kinder leiden, obwohl sie am Streit eher unbeteiligt sind. "Wir hatten kürzlich eine Fachreferentin beim Kurs dabei, die den Teilnehmern aufgezeigt hat, dass Kinder selbst den kleinsten Disput der Eltern mitbekommen. Einigen Männern standen plötzlich Tränen in den Augen", so Morawe. Das Angebot der Gruppe Jugendhilfe umfasst 26 Abende á zweieinhalb Stunden. Mindestens vier Einzelgespräche, das eventuelle Einbeziehen der Lebenspartnerin und ein Abschlussgespräch drei Monate nach Kursende sowie eine Nachbetreuung. Voraussetzungen für den Kursbesuch ist unter anderem Verbindlichkeit, gewaltfreies Handeln, Gruppenfähigkeit und weder Vergewaltigungs- noch Tötungsdelikte in der Vorgeschichte. Auch die Kosten müssen von den Männern selbst getragen werden. Pro Kursabend wird je nach Einkommen des Einzelnen ein Beitrag zwischen 5 und 35 Euro berechnet. Die Gruppe Jugendhilfe bietet allerdings keine Therapie an. Die Teilnehmer müssen freiwillig etwas an ihrem Verhalten ändern wollen und offen für die Aufgaben in der Gruppe sein. Zwar gibt es einige Männer die sich selbst bei der Gruppe Jugendhilfe anmelden, oft stehen die Männer aber unter äußerem Druck. Beispielsweise sind Kinder in der Familie oder die Partnerin verlangt, dass sich der Partner helfen lässt. Genauso kann ein gerichtliches Verfahren vorliegen, dass den Täter zwingt sich bei der Einrichtung zu melden. "Viele Männer werden auch über Frauenberatungsstellen an uns weitervermittelt", so Beaury. Das Gute: Sollte der Kurs für den Teilnehmer gut laufen, wird das Verfahren gegen ihn eingestellt. Doch: nur etwa fünf Prozent der gewalttätigen Männer gehen zu einer Beratung. Insgesamt wurden der Einrichtung 130 Teilnehmer zugewiesen. Davon 113 Männer durch polizeiliche Protokolle. Unter den schlussendlich zwölf Teilnehmern in 2012 waren vier Selbstmelder dabei.
Bevor der Kurs im September letzten Jahres startete, hatten sich Köster und Morawe bei den örtlichen Einrichtungen wie BISS Beratungsstelle, Basta Mädchen- und Frauenberatungsstelle und der Staatsanwaltschaft sowie bei der Bewährungshilfe vorgestellt. Der Landkreis Schaumburg hatte dafür gesorgt, dass der Kurs angeboten wird. Mittlerweile herrsche eine gute Zusammenarbeit zwischen der Gruppe Jugendhilfe, Polizei, Gericht und Jugendamt. Foto: wa
