HÜLSEDE (al). Zwei Tage lang sind Hülseder Kirchenbesucher aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen. Immer wieder legten sie den Kopf in den Nacken, um die restaurierten Gewölbemalereien zu betrachten. Noch mehr Einblick bot eine Ausstellung im Gemeindehaus. Außerdem berichtete Expertin Elodie Rossel über ihre Arbeit. Sie und ihre Kolleginnen hatten fünf Monate lang Risse, Farbschäden und Abblätterungen beseitigt.
Die ganze Freude über die gelungene Maßnahme legte die Gemeinde in zwei Veranstaltungen. Kirchenmusikerin Christina Ziegler wartete mit einer weiteren Betrachtung in der von ihr initiierten Reihe "Ton in Ton" auf, in der sie den Farbtönen der Malerei musikalische Klänge und besinnliche Wortbeiträge beimengte. Am zweiten Tag widmete sich ein Familiengottesdienst ebenfalls den Bildern hoch über den Köpfen der Christen.
Rund um Detailfotos hatten Gruppen Collagen gefertigt: Neben Kindern, Jugendlichen, St. Ägidien-Freundeskreis, Frauengesprächsrunde und Seniorenkreis beteiligte sich auch die Chorgemeinschaft Altenhagen II/Nienstedt.
Bei der Betrachtung "Ton in Ton" hatte Ziegler wiederum in einem Brief an den "verehrten unbekannten Maler" ihre subjektive Auslegung der Darstellungen geschildert. Erneut zeigte sie in dem von Kirchenvorsteher Clemens-Christian Stummeyer verlesenen Passagen die Doppeldeutigkeit der biblischen Motive auf, während Pastor Dieter Meimbresse die dazu passenden Stellen aus der Heiligen Schrift zitierte.
Im Mittelpunkt stand dabei der Sündenfall im Paradies: Vergeblich suchte Ziegler zunächst neben dem Baum mit den verbotenen Früchten den in der Bibel erwähnten "Baum des Lebens", der sich erst im gegenüber liegenden Gemälde befand. Als aufmerksamer Betrachterin entging ihr nicht, dass anstelle eines Feigenblatts ein Nesselblatt die Nacktheit von Adam und Eva kaschierte – als möglichen Hinweis auf den Einfluss der Schaumburger in der Entstehungszeit der Bilder. Diese sind 1577 erstellt worden. Sie will sogar einen Schnittpunkt von zwei Bildachsen mitten in der Kirche entdeckt haben – direkt unter der Darstellung des Weltgerichts.
Die Musikerin ergänzte an Orgel und Keyboard und mit der Flöte gemeinsam mit Hartmut Grün (Trompete, Horn) den abwechslungsreichen Nachmittag und dirigierte neben einer eigens für diesen Tag gebildeten Projektschola die Männersinggemeinschaft Lauenau/Messenkamp. Letztere ließ sie sogar ein plattdeutsches Volkslied anstimmen – in Anlehnung an die altdeutschen Formulierungen an manchen der Gewölbemalereien. Der Aufforderung, sich aus den Bänken zu erheben und selbst auf Entdeckungstour zu gehen, kamen die Besucher gern nach. Dass niemand ein Fernglas zum besseren Studium mitgebracht hatte, war kein Problem: Die Gemeinde hat inzwischen Ansichtskarten auflegen lassen, die manche der Malereien im Detail zeigen und sich weitaus bequemer betrachten lassen als mit dem Kopf im Nacken.
Foto: al