SEGGEBRUCH (nb). Bis zum Ende "leben" zu dürfen und wie jeder andere einen Anteil haben: Für viele Menschen ist das selbstverständlich, Schwerstkranken ohne Chance auf Genesung bleibt das in ihren letzten Monaten jedoch oft versagt. Gesellschaftliches Umdenken und einen anderen Umgang mit dem Sterben, dem Tod und der Trauer will die Hospizarbeit ermöglichen.
Um diese Arbeit kennenzulernen, waren Schüler der zehnten Klassen der IGS Helpsen im Zuge ihrer Unterrichtseinheit "Tod und Sterben" zu einem Vortrag im Gemeindehaus Seggebruch eingeladen. Anke Claus und Cornelia Strübe, Koordinatorinnen des Hospizvereins Rinteln, gaben Einblicke in die Strukturen eines Hospizes, ihre tägliche Arbeit und ganz persönliche Erfahrungen mit Sterbenden und ihren Familien.
Abseits der Erfüllung letzter Wünsche, medizinischer Betreuung und praktischer Unterstützung sei es vor allem der Wunsch nach "Normalität", der Sterbende und ihre Angehörigen bewegt. Doch die wird ihnen im Alltag oftmals verwehrt. Die ausweglose und einsame Situation als solche werde für sie noch dadurch verschlimmert, dass sie von ihrem Umfeld oftmals gemieden und ausgegrenzt werden, sie fühlen sich wie auf dem "Abstellgleis". Dabei seien Bekannte und Freunde nicht etwa böse, sondern völlig verunsichert, weil ihnen die richtigen Worte fehlen, so Claus. "Doch sprachlos sein ist ok." Menschen, die so krank sind, bräuchten einfach nur jemanden, der für sie da ist, und hin und wieder ein ganz normales Gespräch über normale Themen. Der Rest komme meist von ganz allein.
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter des ambulanten Hospizdienst des Vereins versuchen deshalb, auf dieses Defizit einzugehen und den Betroffenen bereits durch ihre Anwesenheit und ein offenes Ohr weiterzuhelfen.
In einer anonymen Fragerunde hatten die Jugendlichen Gelegenheit, alles zu erfahren, was sie bewegt. Die Mitarbeiterinnen des Hospizvereins standen gern Rede und Antwort, ob es um die letzten Wünsche der Sterbenden oder Selbstmord ging.
Dass sich auch Schüler bereits mit diesem Themenkomplex auseinandersetzen, ist für sie unabdingbar. "Tod und Trauer sind heute Tabuthemen, es geht darum sie auch jungen Menschen näherzubringen. Noch bis zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs hätten Tod und Trauer zu Hause stattgefunden und die gesamte Familie vom am Sarg Abschied genommen. Eine eben solche Selbstverständlichkeit wie die Geburt. Kinder seien selbstverständlich damit konfrontiert worden. Heute hingegen hätten manche 50-Jährige noch nie einen Toten gesehen. "Das finden wir schlimm", so Claus und Strübe, "wir wissen nicht, was die nächste halbe Stunde passiert, und sterben müssen wir schließlich alle. Das gehört zum Leben dazu." In der Auseinandersetzung liegt die Chance, das Leben noch einmal anders zu schätzen, Berührungsängste abzubauen und so vielleicht auch Betroffenen anders begegnen zu können.
Wer mehr über die Arbeit des Hospizvereins wissen oder sich engagieren möchte, findet es auf der Seite www.hospizverein-rinteln.de.Foto: nb