BAD NENNDORF. Drei-viermal gellt die Frage über die Bühne, eine Bühne, die die Zuschauer des Kurtheaters zwar einsehen können, für die sie aber eigentlich gar nicht gedacht ist. Will doch der Autor Michael Frayn, dass die Darsteller ihrerseits eine letzte Probe für ihre Premiere abwickeln. Und wie es kommen muss, so kommt es. Es klappt einfach nichts.
Ob es die Sardinen sind, die vergessen werden oder die Zeitung, die liegen bleibt, zu wiederholten Malen muss die Szene gespielt werden.
Und da fängt es dann an zu menscheln. Die Nerven liegen blank, angefangen beim Regisseur, sich ausweitend auf alle, die eigentlich angetreten sind, um eine perfekte Leistung vorzulegen.
Liefe es hier rund, wäre dies ein Ausweis für ein perfektes Miteinander der Menschen auf der Bühne des Lebens. Nun aber, da nichts geht, steht das Stück für die Schwierigkeit der Menschen im gepflegten Miteinander.
Tiefsinnig könnte das Ganze angelegt sein, ist es aber nicht; eine Farce sollte es werden, man könnte auch Posse dazu sagen, närrisches Zeug. Dazu bekennt sich Michael Frayn hier voll und ganz.
Damit normale Verwerfungen im Umgang miteinander farcenhaft ankommen, müssen sie überhöht karikierend geliefert werden und ankommen. Nur selten taten sie es. Woran lag es?
"Viel Verwirrung" war vorgegeben, aber eben auch "wenig Tiefgang", dazu keinerlei Handlung mit einem erkennbaren Inhalt, geschweige denn Gehalt. Es blieb der Rückzug auf eine Fülle von Slapsticks, Kapriolen, bravourös, präzise, virtuos in Szene gesetzt.
Das war auf Dauer kaum zu verkraften, abgesehen von einer Reihe Unentwegter, die ihre Lachmuskeln nach Kräften strapazierten; vertan war der Abend dennoch nicht; konnte man doch seine Freude haben an dem perfekten Zusammenspiel der Darsteller und, es darf doch ausgesprochen werden, an der berückenden Augenweide, die die Damen boten, allen voran eine Martina Kopp, ebenmäßig, hoch gewachsen, mit elegantem rotem Kleid, das präzise die Konturen zeichnete; dann aber durften die Augen förmlich übergehen, als dieses denn auch noch abgelegt war.
Präsentierte die gute Marina doch ein laszives Luder, das nun mal nicht schnell genug den nächst besten Mann abkassieren wollte.
Na ja, und dann ein Thomas Tucht, ehemaliger Schüler am Gymnasium Bad Nenndorf, von Herrn Karl-Heinz Werner für das Theaterspiel gewonnen und nun hier zu sehen, als rechter Blödmann, völlig unterbelichtet, eine veritable Lachnummer, ein Kontrast zu den zumeist exaltierenden Verrenkungen der anderen Darsteller: ein raunzendes Glubschen, ein paar Wortbrocken, ein Lachen von Ohr zu Ohr, und schon gehörte die Bühne ihm. Einfach großartig!
Je weniger das Stück an Valuta abwarf, umso mehr war der bis ans Akrobatische grenzende Einsatz der Darsteller zu würdigen. Dies wurde mit anhaltendem Beifall bekundet.
Oskar Wedel