RINTELN (ste). Seit vielen Jahren laufen die Bemühungen der Stadt Rinteln in Sachen Hochwasserschutz auf vollen Touren: "Wir hatten schon dramatische Pegelstände und werden weiterhin welche bekommen", ist sich Bürgermeister Karl-Heinz Buchholz sicher.
Jetzt hat der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz die vorläufige Sicherung des neu berechneten Überschwemmungsgebietes der Weser im Landkreis Schaumburg vollzogen. Die Novelierung der gesetzlichen Grenzen des Überschwemmungsgebietes soll einen Hochwasserschutzplan Oberweser für die Landkreise Holzminden, Hameln, Schaumburg und die Stadt Hameln ergeben. Dieser Plan soll dann Vorschläge für Maßnahmen zum Hochwasserschutz der jeweils betroffenen Gebiete enthalten. Hierzu gehören sowohl fest eingebaute Sicherungsanlagen vor Ort zum Schutz hochwassergefährdeter Bereiche als auch Vorschläge für mobile Maßnahmen, die bei bestimmten Hochwasserereignissen und Pegelständen an sinnvollen Orten zum Einsatz kommen. Mit der Erarbeitung des Teils 2, also dem eigentlichen Maßnahmenplan, wird in diesem Jahr begonnen.
Die in den Plänen dargestellte neu berechnete HQ-100 Linie (maximales Hochwasser in 100 Jahren) sowie die zugehörigen berechneten Wasserstandshöhen bei einem 100-jährlichen Hochwasserereignis sind das Ergebnis jahrelanger gemeinsamer Erarbeitungen der bestroffenen Landkreise und Städte. Koordiniert durch eine Lenkungsgruppe der vorgenannten Körperschaften wurden alle in den jeweils betroffenen Bereichen erforderlichen Daten zusammengetragen, einschließlich aller Veränderungen im urbanen Bereich, die sich nach der ersten Festsetzung des Überschwemmungsgebietes der Weser Anfang des 20. Jahrhunderts (1906) verändert haben.
Der neue Plan wird nicht mehr unterscheiden zwischen dem gesetzlichen Überschwemmungsgebietes der Weser und dem natürlichen. Bislang wurde der bebaute, urbane Bereich nicht mehr als gesetzliches Überschwemmungsgebiet erfasst. Dies sugestiert jedoch eine Sicherheit, die so nicht gegeben ist und von der der Gesetzgeber wieder Abstand genommen hat.
Das in 2014 zur Novellierung anstehende gesetzliche Überschwemmungsgebiet sowie die vorläufige Sicherung durch den NLWKN beziehen nunmehr den gesamten von Hochwasser gefährdeten Bereich innerhalb der HQ-100 Linie in ein gesetzliches Überschwemmungsgebiet ein.
Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die Genehmigungspraxis, da sämtliche bauliche Maßnahmen oder Veränderungen der Erdoberfläche innerhalb des gesetzlichen Überschwemmungsgebietes von den unteren Wasserbehörden zu genehmigen sind. Bei dem bisherigen natürlichen Überschwemmungsgebiet waren lediglich Stellungnahmen gegenüber der Bauordnungsbehörde erforderlich.
Innerhalb des gesetzlichen Überschwemmungsgebietes sind jetzt strenge Regelungen nach dem Wasserhaushaltsgesetz zu berücksichtigen. So ist es unter anderem untersagt, neue Baugebiete, Bauleitpläne oder sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch auszuweisen. Weiter ist es verboten, wassergefährdende Stoffe zu lagern. Grünland darf nicht in Ackerland umgewandelt werden.
Damit wird die Siedlungsentwicklung in Überschwemmungsgebieten erheblich eingeschränkt, die zuständige Behörde kann hier Ausnahmen nur zulassen, wenn andere Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung nicht bestehen oder geschaffen werden können und weitere Kriterien erfüllt sind. Damit kann die Ausweisung von Bebauungsplänen nur noch bei akutem Wohnungsmangel für die Bevölkerung und absoluter Verträglichkeit im Hochwasserfall innerhalb von Überschwemmungsgebieten zugelassen werden.
Im Zuge des förmlichen Verfahrens werden 2014 die aktuellen Pläne des vorgesehenen gesetzlichen Überschwemmungsgebietes bekanntgemacht und bei der Stadt Rinteln und dem Landkreis Schaumburg zur Einsichtnahme ausgelegt, so dass jedermann die Möglichkeit hat, sich zu informieren bzw. seine Anregungen und Bedenken vorzubringen. Die Erörterung der Anregungen und Bedenken soll ebenfalls noch im Jahre 2014 stattfinden, einschließlich der Veröffentlichung der neuen Verordnung. Die Pläne des NLWKN zur vorläufigen Sicherung des Überschwemmungsgebietes der Weser können beim Landkreis Schaumburg eingesehen werden.Auf die öffentliche Beteiligung legt Bürgermeister Karl-Heinz Buchholz besonderen Wert: "Die Verwaltung wird die neue Regelung sehr bürgerfreundlich auslegen und erklären!" Bei einem HQ-100 ist übrigens für das Gebiet des "Steinangers" eine positive Entwicklung der Hochwasserverläufe festgestellt worden. Theoretisch wäre hier jetzt in Teilbereichen eine Bebauung möglich.
Foto: privat/ste