1. Stilles Sterben der Honigbiene hat begonnen

    Wenn Menschen per Hand bestäuben / "More Than Honey" macht auf Bienensterben aufmerksam

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    LANDKREIS (ste). Am Eingang des Kinosaals gibt es einen Apfel. Der wäre niemals gewachsen, wäre die Blüte nicht zuvor von jenem unscheinbaren, fleißigen Insekt bestäubt worden, das an diesem Abend im Mittelpunkt des Interesses steht: die Honigbiene. Der Film "More Than Honey" zeigt später im Film emsige Bestäuberinnen und Bestäuber ganz anderer Art: freundlich lächelnde Frauen und Männer betupfen Blüte für Blüte mit importierten Pollen in einer Apfelplantage irgendwo in China. Wenn die Bienen fehlen, weil der übermäßige Einsatz von Fungiziden zur Ausrottung der Bienen geführt hat, macht die Not erfinderisch. In Asien, so erfährt man, kann man eine mögliche Zukunft ohne Bienen erahnen, ist die menschliche Handbestäubung in manchen Regionen bereits an der Tagesordnung. Imker und Naturschützer haben zu einem Dokumentarfilm eingeladen, welcher dem Mysterium des Bienensterbens nachgeht und neben den komplexen ökologischen Zusammenhängen einen besonderen Blick in das Innere des Superorganismus Bienenvolk riskiert - die Betroffenheit wächst mit der Einsicht, dass die Biene dem Menschen näher steht als man gemeinhin denkt. Aus der Sicht der Bienen werden die Geburt und der Hochzeitsflug der Königin begleitet und die distanzierte Beobachterperspektive durchbrochen. Umso drastischer wirkt die industrielle Großimkerei in den USA, die weit entfernt von der Idylle des Imkers ist: auf großen Trucks werden tausende Bienenvölker kreuz und quer über den Kontinent transportiert, um sie als "Bestäubungsdienstleister" der großen Obstplantagen zu nutzen. In Mandelplantagen verrichten die Bienen ihre Arbeit im Auftrag von "John Miller Honeyfarms" und erwirtschaften mit 4.000 Bienenvölkern die stattliche Summe von 600.000 US-Dollar - dankbar ist man den Bienen im Gegenzug jedoch nicht: in den intensiv mit Pflanzenschutzmitteln behandelten Plantagen verenden die Bienenvölker reihenweise, wobei Verluste einkalkuliert werden: Während die Menschen sich mit Schutzkleidung und Gasmasken rüsten, sterben die Arbeiterinnen in den Giftgaswolken.

    Das "stille Sterben" der Honigbiene hat begonnen, zahlreiche Krankheiten von der Wachsmotte über die Faulbrut bis zur Varroa-Milbe greifen um sich und schwächen die Bienen. "Die Bienen sterben am Menschen, am Erfolg der Zivilisation", wie der Film schlussfolgert, habe man doch "aus Wölfen anfällige Pudel" gemacht. Die Domestizierung der Honigbiene habe dazu geführt, dass sanftmütige, aber anfällige Rassen gezüchtet wurden. Als Retter in der Not erweist sich die afrikanisierte Honigbiene (die sogenannten "Killerbiene") - diese ist weniger friedlich, jedoch robust und weitaus weniger krankheitsanfällig. "More Than Honey" hinterlässt das durchaus zwiespältige Gefühl, dass etwas ganz gehörig im Argen liegt, die Bienen letztlich jedoch stärker sein werden als der Mensch. Foto: privat

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