1. Verwaltung sieht kaum Eingriffsmöglichkeiten

    Bürgerversammlung zum Neubau-Projekt im Viellen-Viertel / Rechtliche Bedingungen erfüllt

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    STADTHAGEN (bb). Auf einer Bürgerversammlung haben Verwaltungsvertreter der Stadt Stadthagen über das umstrittene Bauprojekt eines Investors im Villenviertel informiert, Instrumente zum Eingriff und deren Grenzen aufgezeigt. Rund 90 Bürger versammelten sich im Ratssaal und beteiligten sich an einer Diskussion mit sehr emotionalen und auch giftigen Beiträgen. Das Vorhaben des Bauherren erfülle die rechtlichen Rahmenbedingungen, sei deshalb auch zu genehmigen, führten die Verwaltungsvertreter aus.

    Es geht um einen Stadtteil, der von einem vergleichsweise großen Grün-Anteil geprägt ist. Ein Viertel, in dem viele der sogenannten Kaffeemühlenhäuser stehen. "Das historisch gewachsene Ortsbild" dieses Viertels werde durch ein Projekt des Unternehmens Lenz Häuser massiv gestört, argumentieren eine Reihe von Bürgern. Das geplante Mehrfamilienhaus in der Bürgermeister-Ocker-Straße werde die Umgegend dominieren und das Gesamtbild schwer stören, betonten Gegner des Projektes auch bei der Bürgerversammlung. Durch ähnliche Vorhaben könne sich der Charakter des Viertels in Zukunft grundlegend zum Schlechteren wandeln, lautete der Vorwurf. "Uns wird die Lebensqualität genommen, wir habem nur noch Schatten. Und das kann jedem passieren", sagte Nachbarin Margit Tatusch. Dabei habe die Stadt die Möglichkeit, Regelungen zu erlassen, um den Investor an dem Bau in der geplanten Form zu hindern, so die Nachbarin. Bürgermeister Bernd Hellmann und der Leiter des Fachbereiches Planen und Bauen Gerd Hegemann hatten in einer ausführlichen Einführung über die Beschäftigung von Verwaltung und Rat mit dem Bauantrag des Investors informiert, dazu die Rechtslage aufgezeigt. Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen steckt der Teufel im Detail, wurde bei den Ausführungen rasch klar.

    In diesem Fall würden sich verschiedene Rechtssysteme überlagern, wie Bürgermeister Hellmann ausführte. Gerd Hegemann hielt fest, dass die Stadtverwaltung hier als Baugenehmigungsbehörde agiere. In dieser Rolle entscheide sie unabhängig von politischen Weisungen durch den Rat. Bauherren hätten eben ein Recht auf eine Baugenehmigung, wenn sie alle gesetzlichen Bedingungen einhalten würden. Der erfolgte Abriss des Kaffeemühlenhauses auf dem umstrittenen Grundstück sei ohnehin genehmigungsfrei.

    Der Stadtrat habe allerdings etwa über Änderungen des Bebauungsplanes Steuerungsmöglichkeiten. Allerdings seien auch diese an einen rechtlichen Rahmen gebunden, müssten sachgerecht abgewogen und städtebaulich fundiert sein. Der Investor halte die Vorschriften des vorliegenden Bebauungsplanes ein, bleibe unter den Höchstgrenzen, die sich auf First- und Traufhöhe, Gebäudelängen und Grundstücks-Bebauung beziehen.

    Die Chancen, das Bauvorhaben auf juristischem Wege zu stoppen, seien deshalb verschwindend gering.

    In ähnlichen Angelegenheiten sei die Stadt vor Gericht stets gescheitert und werde diesen Weg deshalb auch nicht beschreiten, so Bernd Hellmann. Verhandlungen der Stadt mit dem Investor hätten immerhin dazu geführt, dass dieser die Planungen für den Neubau um ein gewisses Maß reduziert habe.

    Das Viertel weise bei weitem keinen so geschlossenen Charakter auf, wie von vielen Anwohnern dargestellt, so Hegemann.

    Zahlreiche Bauten des Stadtteils würden aufgrund späterer Umgestaltungsmaßnahmen ohnehin vom Kaffeehausmuster abweichen. Im Bestand seien durchaus Gebäude vorhanden, die mit dem umstrittenen Neubau vergleichbar seien.

    Einem neuen Bebauungsplan mit Begrenzungen, die Projekte wie dieses verhinderten, würden also auch viele der bestehenden Gebäude nicht gerecht. Diese besäßen zwar einen Bestandsschutz, hätten dann aber bei Umbauten und Modernisierungen mit Problemen zu rechnen. Hier hakte ein Anwohner ein.

    Mit der Neufassung eines Bebauungsplanes, der die Gestaltungsmöglichkeiten einschränke, werde der Wert aller betroffenen Grundstücke gemindert. Dies würden die Gegner des Bauprojektes in der Diskussion komplett ausblenden.

    Bürgermeister Bernd Hellmann kündigte an, die Diskussion über eine eventuelle Neufassung des Bebauungsplanes unter breiter öffentlicher Beteiligung führen zu wollen. Es gelte eine Lösung zu finden, die das Recht der Eigentümer wahre und gleichzeitig Entwicklungsmöglichkeiten zulasse.

    Hellmann und Hegemann betonten, dass es angesichts des demographischen Wandels grundsätzlich wichtig sei, in der Nähe der Innenstadt barrierefreien Wohnungen zu schaffen. Kleinere Wohneinheiten mit hohem Komfort seien am Markt heute weit stärker gefragt.

    Foto: bb

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