OBERNKIRCHEN (wa). Sind es Bilder oder Fotografien? Auf jeden Fall sind sie magisch. Unheimlich detailverliebt und ausdrucksstark sind die Malereien von Willi Meier. "Wenn ich male schalte ich ab, verdränge Szenen aus der Vergangenheit, die mich immer wieder einholen", sagt der heute 90-Jährige. Als junger Soldat musste der Obernkirchener seinem Land dienen. Er geriet in ukrainische Gefangenschaft, aus der er erst 1950 entlassen wurde. "Es waren prägende Jahre, sicherlich die schwersten meines Lebens", so Meier. Landschaften, bevorzugt Motive aus seiner Heimat Obernkirchen und Umgebung prägen seine Werke aus Öl. Zum Beispiel der Häuserbrand von 1898 neben der Stiftskirche. Als wäre er selbst dabei gewesen: der helle Schein der Flammen entfacht in diesem Bild eine gar mystische Atmosphäre. Oder der Blick auf das Zentrum der Bergstadt. Unverkennbar (siehe Foto): die beiden Türme der Stiftskirche. Jedes einzelne Blatt an den Bäumen, jede Ziegel auf dem Dach – Willi Meier hat sie verewigt. Mit winzigen Pinselstrichen. Stets mit diesem magischen Sinn für Farbe. Kein Wunder, dass unter nahezu jedem Kunstwerk des Seniors das Schildchen "verkauft" prangt. Bereits als Kind hat Willi Meier gemalt. Doch nach seiner Rückkehr aus dem Krieg spielte die Musik eine wichtigere Rolle in seinem Leben. 30 Jahre lang leitete Meier den Spielmannszug Obernkirchen. Die Trommel war sein Instrument. Sein Können gab er an die Jugend weiter – das Malen kam zu kurz. Erst im Rentenalter widmete er sich wieder voll und ganz seiner Leidenschaft. Zum Glück – sonst wären den Schaumburgern diese wunderschönen Bilder verwehrt geblieben. Vergangene Woche hat der Sonnenhof Obernkirchen die Ausstellung "Dialog" im Foyer und im Aufenthaltsbereich des Seniorenzentrums eröffnet. Die Akteure: Willi Meier, Sonnenhof-Bewohner und Renate Kasseck, Sonnenhof-Mitarbeiterin. Während Meier seine freie Zeit als Senior zum Malen voll auskosten kann, muss Renate Kasseck zwischen Familie und Beruf immer wieder darum kämpfen. So entstand der "Dialog". Mit zwölf Jahren zog Renate Kasseck von Berlin nach Obernkirchen. Doch schon in der Großstadt entdeckte sie die Liebe zu Pinsel und Farbe: "Meine Eltern vermieteten zwei Zimmer an eine Kunststudentin die mich nicht nur zusehen ließ, sondern auch mitmachen und experimentieren. Sie erzählte mir viel über Kunst", so die Obernkirchenerin. Hier in der Bergstadt nahm sie Kunstunterricht bei Friedrich Möller-Bornemann, besuchte die Volkshochschule und gab dann sogar selbst Kurse. Auch ihre Werke spiegeln Landschaften in Öl und neuerdings mit Spachteltechnik wider. Die Natur sei für sie die beste Vorlage. Die Ausstellung im Sonnenhof ist nicht ihre erste. Schon viele Stationen, unter anderem in Berlin und Bremen hat Renate Kasseck auf ihrem Weg besucht. Doch der "Dialog" im Sonnenhof ist etwas ganz Spezielles: eine Begegnung zweier Generationen – zweier Lebensstandorte. Noch zwei Wochen lang können Interessierte die Bilder von Willi Meier und Renate Kasseck betrachten – und kaufen.
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