STADTHAGEN (nb). Was einst noch als Auslaufmodell galt, findet heute viele Fürsprecher: Das berufliche Bildungssystem in Deutschland ist mehr gefragt denn je und gilt im Bereich qualifizierender Ausbildung als Vorbild. Viele Länder wären laut Jürgen Steltner, Leiter der BBS Stadthagen, froh, wenn sie etwas Vergleichbares hätten. Grund ist die Jugendarbeitslosigkeit, die im Vergleich zu Deutschland teils um ein zehnfaches höher sei. "Es vergeht kein Monat, in dem wir keine Anfrage aus dem europäischen Ausland oder sogar Kanada haben", so Steltner. Sie alle würden sich gern ein Bild von den Strukturen machen, aus denen die Industrie und Handelskammer (IHK) Hannover sowie die BBS Stadthagen und Rinteln in dieser Woche erneut Berufsschulabsolventen entlassen konnten - mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung und viel praktischer Erfahrung. 79 Berufseinsteiger treten den lebendigen Beweis an, dass das duale System funktioniert, lediglich vier nehmen eine zweite Chance im nächsten Durchgang wahr. Besonders gute Ergebnisse haben fünf Teilnehmer der Winter-Abschlussprüfung erzielt: Die Technischen Produktdesigner Marvin Miehle und Julian Müller, Bankkauffrau Julia Juretzki, Einzelhandels-Kauffrau Tanja Dahl und Einzelhandels-Kaufmann Alexander Brunotte erhielten eine "Lobende Anerkennung". Dass alle Absolventen mit ihrer Qualifikation auf dem künftigen Arbeitsmarkt gefragt sein werden, daran ließ
Fritz-Peter Klocke, Mitglied der Vollversammlung der IHK Hannover, keinen Zweifel: "Der Kampf um Talente hat begonnen...Sie sind weiter gefragt und werden es auch in Zukunft sein." Dass das Wachstum der Konjunktur sich nicht fortsetzen würde, sei absehbar gewesen. "Wenn es weltweit nicht gut läuft, spüren wir das auch in Deutschland", so Klocke. Dennoch habe sich die deutsche Wirtschaft als wettbewerbsfähig gezeigt und die Turbulenzen am Arbeitsmarkt hielten die Unternehmen nicht davon ab, für qualifizierten Nachwuchs zu sorgen, der im Zuge des demografischen Wandels mehr denn je gebraucht wird. Die Ausbildungsbereitschaft sei auch im Landkreis hoch, wie 500 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge beweisen. 2030 sei von zehn Millionen weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter auszugehen. Das bringe einen Wandel der gesamten Berufswelt mit sich, fordere früher das Mitwirken an Entscheidungsprozessen und verlange von den Berufseinsteigern Kreativität, Engagement und Verantwortungsbewusstsein. "Die Chefs von morgen werden nicht mehr die Chefs von heute sein und alles haarklein vorgeben", sagte Klocke. Er gratulierte den Absolventen, appellierte jedoch an ihre Bereitschaft, sich immer weiter zu qualifizieren und zu bilden, die IHK helfe dabei. Befürchtungen hinsichtlich der "Generation Facebook" drückten sowohl Klocke, als auch Steltner aus. Diese sei mittlerweile auf dem Arbeitsmarkt angekommen und werde diesen dramatisch verändern. Statt des erhobenen Zeigefingers sei es wichtig, bei Jugendlichen Neugier und Spaß am Beruf zu wecken. Steltner berichtete von Auswirkungen auf das gesellschaftliche Engagement. In seinem Heimatort hätten bereits viele Vereine ihre Arbeit mangels Interesse eingestellt. Er hoffe, dass nicht nur eine Gesellschaft von völlig abstrakten Individualisten ohne Gemeinschaft bleibt. Die jungen Absolventen könnten dies ändern: "Nicht jeder hat so einen Abschluss. Machen sie was daraus." Mit gutem Beispiel gehen vier Prüfer voran, die von der IHK Hannover geehrt wurden: Thomas Bresche (Großhandel), Michael Ebert (Einzelhandel), Anhild Bartels (Hotel- und Restaurantfach) und Karl-Heinz Henrichs (Koch) wurden für 25 Jahre ehrenamtliche Arbeit mit der silbernen Ehrennadel der IHK ausgezeichnet. "Das ist fast wie eine Silberhochzeit", so Martin Wrede, Leiter der IHK-Geschäftsstelle in Stadthagen, mit einem Augenzwinkern "nur noch viel schöner". Weitere Fotos von den Absolventen und der Abschlussfeier auf www.schaumburg-hautnah.de, Schlagwortsuche "BBS" oder "IHK".
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