LANDKREIS/STADTHAGEN (bb/nb). SPD-Kandidat Karsten Becker hat das Direktmandat im Wahlkreis 37 gewonnen und damit den Sprung in den niedersächsischen Landtag geschafft. Becker setzte sich mit einem Vorsprung von rund drei Prozentpunkten vor dem CDU-Kandidaten Mike Schmidt durch. Auch bei den Zweitstimmen lag die SPD im Wahlkreis vor den Christdemokraten. Sowohl die Grünen als auch die FDP legten gegenüber der Landtagswahl von 2008 merklich zu.
SPD in Wahlkreis 37 vorn
Grüne und FDP legen zu
Enttäuschung für die CDU und Pech für Schmidt
In Wahlkreis 38 und 39 siegen CDU-Kandidaten
Hochspannung auf Landesebene
Die Vertreter der verschiedenen politischen Lager erlebten einen hochspannenden Wahlabend im Kreishaus in Stadthagen. Dazu trug vor allem das Kopf-an-Kopf rennen auf Landesebene bei. "Es hat sich gedreht, es hat sich gedreht", war aus den Reihen der Anhänger von SPD und Grünen zu hören, als im Fernsehen neue Hochrechnungen übertragen wurden. Hatten die Zahlen anfangs gut für die CDU/FDP-Koalition ausgesehen, sah es nun nach einem Patt, möglicherweise nach einem Vorsprung für Rot-Grün aus.
Letzte Gewissheit brachte erst das vorläufige amtliche Endergebnis kurz vor Mitternacht. Rot-Grün verfügt im Landtag über ein Mandat Vorsprung, löst damit die CDU/FDP-Koalition ab und wird die neue Landesregierung stellen.
Die Entscheidung im Wahlkreis 37 war deutlich früher gefallen. Gegen 20.40 Uhr erhielt Karsten Becker lautstarken Beifall. Gegenkandidat Mike Schmidt gratulierte. SPD-Kandidat Becker holte 43 Prozent der Erststimmen, während Schmidt (CDU) bei rund 40 Prozent landete. Auch bei den Zweitstimmen lag die SPD im Wahlkreis vor der CDU. Die Sozialdemokraten errangen hier rund 37,6 Prozent der Stimmen, die Christdemokraten erreichten rund 32,9 Prozent. Die SPD verbesserte sich bei Erst- und Zweitstimmen gegenüber der Landtagswahl von 2008, liegt sowohl bei den Erst- als auch bei den Zweitstimmen über dem Landesschnitt.
Er freue sich sehr über das Ergebnis, erklärte Karsten Becker und hob den "engagierten Wahlkampf" der SPD hervor. Es gehe um einen Politikwechsel in Hannover, auch gegenüber dem Landkreis Schaumburg, fügte er mit Blick auf das zu diesem Zeitpunkt auf Landesebene noch nicht entschiedene Rennen hinzu. Gerade in der Bildungspolitik gelte es, Hürden abzubauen. Er dankte seinen Mitbewerbern für einen sehr sachlichen und fairen Wahlkampf.
Sehr zufrieden zeigten sich die Vertreter der Grünen und der FDP mit den Wahlergebnissen. Die Grünen kamen auf rund 12,9 Prozent der Zweitstimmen, blieben damit nicht weit hinter einer Verdoppelung des Ergebnisses von 2008 (rund 7,1 Prozent) zurück. Direktkandidatin Maria Börger-Sukstorf sammelte sehr beachtliche 9,2 Prozent der Erststimmen. "Wir hatten offenbar die richtige Kandidatin, erklärte die Kreisvorsitzende Christina Steinmann mit Blick auf diesen Erfolg. "Ganz aus eigenständiger Arbeit" sei die Partei zur drittstärksten Kraft im Wahlkreis aufgestiegen, fügte der Vorsitzende Christoph Ochs hinzu. Sehr erfreulich sei es, dass die Grünen mit einem reinen Themenwahlkampf die Wähler erreicht und dabei auch viele Nichtwähler mobilisiert hätten, erklärten beide. Insgesamt bedeute das Ergebnis einen "Riesenerfolg", dies gelte auch für den Zuwachs auf Landesebene. Lächelnd erklärte auch Direktkandidatin Börger-Sukstorf, dass sie "zufrieden, sehr zufrieden" sei.
"Mit einem Ergebnis in dieser Höhe haben wir nicht gerechnet", so der Schaumburger FDP-Vorsitzende Paul-Egon Mense, flankiert von den Direktkandidaten Ralf Kirstan (Wahlkreis 37) und Lothar Biege (Wahlkreis 39). Mit einem Anteil von 9,6 Prozent der Zweitstimmen im Wahlkreis 37 hatte die FDP überraschend gut abgeschnitten, folgte damit dem Landestrend. Nach Umfrage-Ergebnissen, die ein Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde nahelegten, sorgte das Ergebnis für entsprechend gute Laune. "Eine deutliche Steigerung gegenüber 2008", wir können zufrieden sein, so Biege und Kirstan. Die Linke erreichte etwa 2,7 Prozent der Zweitstimmen im Wahlkreis 37 blieb damit deutlich hinter dem Wahlergebnis von 2008 (6,2 Prozent) zurück.
"So eine Erdrutschbewegung haben wir nicht erwartet", erklärt der Kreisvorsitzende der CDU, Klaus-Dieter Drewes. Die Christdemokraten musste Einbußen hinnehmen und ihre Rolle als stärkste Partei des Landkreises an die SPD abgeben. "Das war kein einfacher Abend", erklärt der Kreisvorsitzende Klaus-Dieter Drewes, "da war schon viel Enttäuschung dabei". Er habe sich gewünscht, statt zwei drei Kandidaten als Vertreter des Landkreises und den Regierungspräsidenten stellen zu können. Dieses Ziel sei eben nicht erreicht worden. Auch beim Kandidat für den Wahlkreis 37, Mike Schmidt, findet er keinen Anlass zur Kritik. Dieser habe einen sehr guten Wahlkampf geführt und sich mit seinem Erststimmen-Ergebnis gut behauptet. Bedauerlich sei, dass viele andere Kandidaten ein weit schlechteres Ergebnis eingeholt hätten und aufgrund der jeweiligen Konstellation und etwas Glück dennoch hätten in den Landtag einziehen können. Auf das Gesamtergebnis blickt Drewes dennoch mit Realismus: "Viele Wähler haben die CDU mit einem Kreuz besehen, aber Rot-Grün hat eben mehr bekommen. Das hat man als Demokrat zu akzeptieren." In Richtung Bundestagswahl sieht er gelassen: "Heut ist heut und morgen morgen, wer weiß, was übermorgen passiert."
Im Wahlkreis 38 (Hameln/Rinteln) setzte sich der CDU-Direktkandidat Otto Deppmeyer knapp gegen den ehemaligen Innenminister Heiner Bartling (SPD) durch. Auch im Wahlkreis 39 (Nienburg/Schaumburg) gewann der Kandidat der Christdemokraten das Direktmandat. Karsten Heineking (CDU) setzte sich gegen Grant-Hendrik Tonne (SPD) durch. Tonne wird allerdings über die Liste in den Landtag einziehen.
Landrat Jörg Farr erklärte, dass es wichtig sei, dass Schaumburg stark im niedersächsischen Landtag vertreten sei. Karsten Becker habe sich vehement für den Erhalt eines eigenständigen Landkreises Schaumburg ausgesprochen. "Hier decken sich unsere Ziele", so Farr.Foto: bb