STADTHAGEN (bb). Mit 18 neuen "Stolpersteinen" haben der Förderverein ehemalige Synagoge Stadthagen und der Künstler Gunter Demnig Zeichen für die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus auf den Straßen Stadthagens gesetzt. Zahlreiche Bürger beteiligten sich an der Aktion, bei der die Steine mit Namen und Daten zum Leben der Opfer verlegt wurden. "Ihr habt durch eure Gegenwart meine Familie auch zu der euren gemacht", erklärte Andrew Schindel nach der Verlegung der Stolpersteine auf dem Marktplatz. Der Nachfahre jüdischer Bürger Stadthagens war aus den USA in die Kreisstadt gereist, um mehr über seine Vorfahren zu erfahren und an der Stolpersteinverlegung teilzunehmen. Voller Beklommenheit und voller Hoffnung sei er nach Stadthagen gekommen, berichtete Schindel. Mit der Zeremonie zur Ehrung der Toten, hätten die Teilnehmenden dazu beigetragen, seine Seele zu beruhigen. Sein Besuch in Stadthagen habe ihm Zugang zu einem Teil seiner Familiengeschichte gewährt, der ihm zuvor unbekannt gewesen sei. So habe er etwa eine Karte mit der Handschrift eines seiner Vorfahren gelesen, die dieser von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges nach Stadthagen gesandt habe. Viele kleine Details hätten ihm erlaubt, ein umfassenderes Bild von seinen Vorfahren zu gewinnen. Er dankte dem Arbeitskreis des Fördervereins ehemalige Synagoge für die Erforschung der Biographien der Opfer des Nationalsozialismus, ebenso dem früheren Stadtarchivar Friedrich Bartels, der als erster Anstrengungen zur Dokumentation jüdischen Lebens in Stadthagen unternommen habe. Wie bewegend Andrew Schindels Rede auf die Teilnehmer wirkte, zeigte sich an den zahlreichen gezückten Taschentüchern.
Insgesamt 18 Stolpersteine verlegte Gunter Demnig an diesem Tag, beginnend in der Bahnhofstraße 22, über Am Stadtpark 10, Marktstraße 3, Am Markt 6 und Am Markt 8. Zwei Schülerinnen der IGS verlasen dabei jeweils Auszüge aus den Biographien der Geehrten. Mit den Steinen soll die Erinnerung an die Verfolgten bewahrt werden, jeweils vor dem letzten selbstgewählten Wohnort des Opfers. So etwa an John Wolf, der 1890 in Stadthagen geboren wurde. Beim Fronteinsatz im Ersten Weltkrieg verlor er ein Bein, wurde für seinen Dienst ausgezeichnet. Sein Bruder wurde im Krieg getötet. 1930 trat er als Mitinhaber in die Firma Magnus Wolf ein. Sein Einsatz im Krieg und sein Status als Schwerbeschädigter bewahrten ihn nicht vor der Verfolgung. 1942 deportierten ihn die Nazis mit mehreren Verwandten nach Osteuropa, wo er in Auschwitz umkam. Jürgen Lingner, Leiter des Arbeitskreises, dankte nach Abschluss der Zeremonie den Paten, die mit ihren Spenden die Verlegung finanziert hatten. Die nächste Verlegung von Stolpersteinen sei bereits geplant, weitere Spender also hoch willkommen.Foto: bb