RINTELN (ste). Die Stadt Rinteln hat im Rahmen ihrer allgemeinen Verkehrssicherungspflicht einen Nachweis darüber zu führen, dass sie als Grundstückseigentümerin die auf städtischen Flächen stehenden Bäume auf ihre Stand- und Verkehrssicherheit regelmäßig überprüft. Deshalb hat die Verwaltung Diplom-Ingenieurin und Baumsachverständige Antje Wiskow damit beauftragt, ein städtisches Baumkataster zu erstellen und dabei auch Vorschläge zur Pflege der Bäume zu unterbreiten. Antje Wiskow stellte ihre Arbeit jetzt im Bauausschuss vor und erntete dabei schockierte Blicke: "Ich bin höchst betrübt über die vielen Schäden an Bäumen, die Frau Wiskow uns heute vorgestellt hat", bekannte Ursula Helmhold (Grüne) und sprach vielen Ausschussmitgliedern damit aus dem Herzen. Die nach FLL-Baumkontrollrichtlinien durchgeführte Untersuchung hatte nämlich eine Vielzahl an Beschädigungen an Bäumen ergeben, die im schlimmsten Fall gefällt werden müssen. Ein Grund dafür: "Sünden der Vergangenheit", so Wiskow. Fehlende Pflegemaßnahmen, falscher Standort und gedankenlose Wurzelkappungen machen mindestens einem Prozent der rund 3.500 erfassten Bäume so stark zu schaffen, dass sie nicht mehr zu retten sind. Viele weitere müssen in engen Zeitabständen beobachtet werden. Dabei sind pflegerische Maßnahmen wie Rückschnitte oft nur eine zeitliche Verzögerung der nötigen Fällung. Früher, so Antje Wiskow, habe man noch an "Baumdoktoren" und "Baumchirurgie" geglaubt und Unmengen an Geld für Betonausgüsse von weggefaulten Baumteilen ausgegeben: "Die neuen Erkenntnisse zeigen, dass das die Bäume noch wesentlich mehr schädigt!" Sie habe bei ihrer Untersuchung der städtischen Bäume viele Ästungswunden, V-Zwiesel, Rindenstauchungen, Wipfelkappungen und starken Pilzbefall festgestellt. Viele "hausgemachte" Probleme, die auf mangelnde oder falsche Pflege zurückzuführen seien. An der Waldkaterallee beispielsweise habe man Zugwurzeln für den Bau des Gehweges schlicht gekappt, eine Platane an der Einfahrt zum Parkhaus "Bruno Kleine" stehe so eng an der Einfahrt, dass sie sich nicht mehr entwickeln könne und durch die Ausgrabungen schon Adventivwurzeln gebildet habe: "Der Baum hat so keine Standfestigkeit mehr!" Starke Schäden seien auch durch ein besonderes Rintelner Phänomen an Weiden entstanden. Der Weidenbohrer, ein Nachtschmetterling, habe die Erlen an der Alten Todenmanner Straße extrem stark beschädigt: "So etwas habe ich vorher noch nicht gesehen!"
An der Rückseite des Parkhauses am Pferdemarkt habe man die Bäume zudem viel zu dicht am Parkhaus stehen lassen; Wurzelschäden sind die Folge. Ihr Fazit daher: "Die Stadt Rinteln hat viele Bäume mit mäßigem Pflegezustand. Diverse Maßnahmen zur Verkehrssicherheit sind erforderlich: "Auch Fällungen!" Es muss dringend nachgearbeitet werden: "Jetzt wird nur das Nötigste gemacht!"
Der Bauausschuss war sich einig: "Wir müssen jetzt retten, was zu retten ist!" Bei künftigen Baumaßnahmen soll verstärkt darauf geachtet werden, dass städtische Bäume nicht beschädigt werden. Dieter Horn kritisierte auch die "Vollkaskomentalität" der Menschen: "Wenn Bäume an einem Gehweg stehen können auch einmal Wurzelaufwürfe sein!" Einig war sich der Ausschuss auch darin, dass bei künftigen Baumpflanzungen genach hingeschaut werden müsse, ob der Baum auch für den geplantenn Standort geeignet ist.
Foto: ste