OBERNKIRCHEN (wa). Die letzte Runde wird wohl wieder ein Wochenende für die ältere Generation: Der Barbarossamarkt in der kleinen Bergstadt findet vom 12. bis 15. Oktober zum letzten Mal in seiner gewohnten Form statt.
Während bei vielen Familien einfach das Geld fehlt, haben junge Menschen kein Interesse mehr an Musik-Express, Zuckerwatte und Dosenwerfen. So sieht es zumindest Ursula Steuer, die seit Mitte der 90er Jahre für Frühjahrs- und Herbstmarkt in Obernkirchen zuständig ist. Menschen über 50 hätten deutlich mehr Bezug zum Treiben auf dem Marktplatz. Würden gebrannte Mandeln und Lebkuchenherzen noch von früher kennen und damit zu schätzen wissen. Mangelnde Kundschaft ist allerdings nur einer der Gründe, warum sie zum Ende des Jahres den Vertrag mit der Stadt gekündigt hat.
Sicherheitsmaßnahmen der Feuerwehr wie das Einhalten von Rettungswegen und ein Pastor der sich um die Kirchenfenster sorgt, machten der Marktbeschickerin das Kirmes-Leben bereits seit einiger Zeit schwer. Jahr für Jahr schrumpfte das Angebot immer mehr.
Als der Neumarktplatz noch nutzbar war, entstand für die Besucher zumindest noch ein interessanter Rundlauf. Doch bauliche Beschränkungen machten der Kirmes einen Strich durch die Rechnung. "Mein Nachfolger wird sich wundern, was er für Auflagen bekommt", sagte Steuer im Hinblick auf eine mögliche Zukunft des Traditionsmarktes.
Als hinderlich nannte sie außerdem die Blumenkübel und Bäume in der Innenstadt. Da verliere man einfach die Lust. Ihr Schwiegersohn hatte bereits im letzten Jahr den Standort aufgegeben: Somit war auch der einstige Publikumsmagnet der Jugend, der Autoscooter passé. Zwar hatten die Steuers rechtzeitig einen Ersatz organisiert, der kam aber einfach nicht. Am kommenden Freitag wird es wieder einen Autoscooter geben. Dieser ist dann so vor dem Trafohaus ausgerichtet, dass die bleiverglasten Kirchenfenster den Schallwellen der Musik nicht direkt ausgesetzt sind. Ganz verstehen kann Steuer die Sorge des Pastors nicht: "Wir sind auf 32 Plätzen, 15 befinden sich direkt neben einer Kirche. Da haben noch nie Scheiben geklirrt", so die Kirmes-Fachfrau, die seit 40 Jahren gemeinsam mit ihrem Mann im Schaustellergewerbe arbeitet. Nützt alles nichts: Die Kirche bestimmt über Nutzen und Nichtnutzen ihres Kirchplatzes. Der Musik-Express steht wie gewohnt auf dem Marktplatz.
Für die Kleinsten gibt es zwei Kinderkarussells. Zwischen 20 und 25 Stände versorgen mit gebrannten Mandeln, Pizzataschen und Co.
Der Trend gehe laut Steuer einfach woanders hin. Internet und Handys tun ihr Übriges. Trotzdem: Obwohl die Schausteller sich mit diesem Geschäft über die Wintermonate retten müssen, seien viele enttäuscht über die Kündigung in Obernkirchen, berichtete Steuer.
"Am einfachsten wäre es, wir hätten einen Festplatz", erklärte Bürgermeister Oliver Schäfer im Pressegespräch. Ob es einen Ersatz für die Kirmes oder etwas völlig neues geben soll, darüber konnte er noch keine Angaben machen. Allerdings solle es in naher Zukunft Gespräche mit den heimischen Vereinen geben. Das Konzept werde auf jeden Fall auf die neuen Bedürfnisse der Menschen umgemünzt.
Und: Die Bergstadt hat Potenzial für mehr. Veranstaltungen wie die "Lange Nacht der Steine" haben erst kürzlich gezeigt - in Obernkirchen geht was. Man muss es nur richtig anpacken.
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