1. "Massives Versagen der Sicherheitsbehörden"

    Bundestagsabgeordneter Edathy berichtet aus dem NSU-Untersuchungsausschuss / 250 Zuhörer im Ratskellersaal

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    STADTHAGEN/LANDKREIS (bb). Großes Interesse hat eine von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Schaumburg organisierte Veranstaltung zum Thema "Angriff von Rechtsaußen" gefunden. Mehr als 250 Zuhörer verfolgten die Veranstaltung im Stadthäger Ratskellersaal, in welcher der Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy über die Arbeit des NSU-Untersuchungsausschusses berichtete.

    Es sei nicht damit getan, in Reaktion auf die Ermittlungsversäumnisse Personen in den Sicherheitsbehörden auszutauschen, hielt der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses Sebastian Edathy (SPD) fest. "Es müssen sich auch Strukturen verändern", so Edathy. Die Behörden hätten massiv versagt, das rechtsextreme Trio nicht gestoppt, das zehn Menschen ermordete, Überfälle und Anschläge beging. Alle Mitglieder des Bundestags-Untersuchungsausschusses von der CSU bis zur Linkspartei arbeiteten in dem Bewusstsein, dass dieser Ausschuss nicht dem Streit der Parteien untereinander diene, sondern dem Streit der demokratischen Parteien für die Demokratie. Zur Frage, wie es möglich war, dass das Terrortrio über einen Zeitraum von zehn Jahren nicht gefunden wurde, habe der Ausschuss noch kein abgeschlossenes Bild. Es würden sich jedoch aus den bisher bekannten Fakten drei Grundthesen ableiten lassen.

    Erstens habe es an Aufmerksamkeit und Sensibilität gegenüber der Gefahr von Rechtsaußen gefehlt. Offenbar hätten sich die Ermittler nicht vorstellen können oder wollen, dass es "militanten und mörderischen Rechtsextremismus" in der Bundesrepublik geben könne. So hätten die Fahnder lange Zeit die falschen Spuren verfolgt, obwohl für diese nicht mehr Indizien gesprochen hätten, als für einen rechtsextremistischen Hintergrund. Zweitens sei die Zusammenarbeit zwischen den verantwortlichen Behörden, den Verfassungsschutzämtern der Bundesländer und des Bundes und den Polizeistellen sträflich vernachlässigt worden. In einigen Behörden habe offenbar eine Mentalität vorgeherrscht, die "Sicherheitswissen als Privateigentum betrachtete", der Informationsaustausch habe überhaupt nicht funktioniert. Drittens sei "vorurteilsbehaftet" in die falsche Richtung ermittelt worden. Lange Zeit hätten die Sicherheitsbehörden die Täter im Umfeld der türkischstämmigen und griechischen Opfer vermutet, erst nach etwa sechs Jahren sei die These eines rechtsextremen Hintergrundes ernsthaft in Erwägung gezogen worden. Die Angehörigen der Ermordeten seien mit zum Teil "beschämenden Ermittlungsmethoden" konfrontiert worden. Bei der Schilderung von Gesprächen mit Hinterbliebenen der Opfer stockte dem bewegten Edathy die Stimme.

    Sicherlich sei das Nachdenken über Defizite auf Ebene der Sicherheitsbehörden wichtig, hielt Edathy fest. Mindestens ebenso wichtig sei es jedoch, sich mit den Möglichkeiten der Prävention auseinanderzusetzen. Die drei rechtsextremen Mörder der NSU hätten eine extreme Schuld auf sich geladen, aber seien nicht als Neonazis geboren. Sie hätten sich in solchen Gruppierungen entwickelt, die den Behörden sehr lange gut bekannt gewesen seien.

    Foto: bb

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