STADTHAGEN (wa). Sie geben Gymnastikkurse, helfen Kindern bei den Hausaufgaben, leiten Chöre oder steuern selbstgebackene Kuchen für den Basar bei: Viele Menschen leisten tagtäglich bürgerschaftliches Engagement. Auch die Landtagskandidaten des heimischen Wahlkreises 37 engagieren sich. Zwar nicht in Einrichtungen wie dem Mehrgenerationenhaus (MGH) der "alten polizei", trotzdem aber im Sinne der Schaumburger. Heike Klenke und Klaus Strempel hatten die sechs Bewerber kürzlich zur lockeren Gesprächsrunde - zum MGH-Talk ins Kulturzentrum eingeladen.
Zu vorgegebenen Themen rund um bürgerschaftliches Engagement und dem Projekt Mehrgenerationenhaus sollten Maria Börger-Sukstorf (Grüne), Renate Engelmann (Linke), Mike Schmidt (CDU), Karsten Becker (SPD), Bernd Riensch (Piraten-Partei) sowie Ralf Kirstan (FDP) die Sicht ihrer Partei repräsentieren. Unter anderem ging es um ideelle Förderung und interkulturelle Akzente. In der heutigen Zeit sei das Leben von mehreren Generationen in einem Haus kaum mehr möglich, so der Auhäger Mike Schmidt. Das MGH in der Kreisstadt fange diese Situation auf. Seiner Meinung nach erleben gerade ältere Menschen dort wieder "das Gefühl gebraucht zu werden". Kinder hingegen werden dort ideell gefördert, so Börger-Sukstorf. Gemeinsame Spiele oder das Basteln bauen Hemmschwellen unterschiedlicher Altersgruppen ab. Beispielsweise musizieren die Tagesstätten-Kinder Herminenstift gemeinsam mit dem MGH-Chor. So können beide Seiten von Interessen und Erfahrungen des anderen lernen. Laut Ralf Kirstan könne durch das Programm der MGH eine aufkeimende Neid-Debatte, die Rentner und Jugend in naher Zukunft gegeneinander ausspiele, verhindert werden. Als Vereinsvorsitzender der Deutsch-Chinesischen Gesellschaft Schaumburg – er selbst ist mit einer Chinesin verheiratet – liegen ihm aber auch die interkulturellen Aktionen am Herzen. "Vereine fördern Integration, nicht die Schulen", sagte der Studienrat am Gymnasium Ernestinum.
Für Pirat Riensch gehe es bei den generationsübergreifenden Angeboten vor allem um die Vermittlung von Wissen. So sieht es auch Schmidt: Ältere geben Werte und Normen an die Jugend weiter. Gerade für Demenzerkrankte seien gemeinsame Aktivitäten sehr hilfreich.
In Sachen Ehrenamt seien Migranten noch zurückhaltend und würden sich wenn, meist nur in der eigenen Kultur engagieren. Die Botschaft "Ihr seid gern gesehen bei uns mit eurer Kultur" werde durch das MGH vorangebracht. Hier müsse noch eine Schranke aufgebrochen werden, so der Gründungsstifter der Bürgerstiftung Schaumburg, Karsten Becker. CDU-Sprecher Schmidt sehe die interkulturellen Aktionen des MGH als Prävention gegen rechtes Gedankengut. "Deutschland ist keine Insel der Seligen. Wir können nicht im eigenen Saft schmoren", sagte der Rintelner Kirstan. Durch interkulturelle Förderung werde die junge Generation zukunftsfest gemacht. Als großes Problem sehen Karsten Becker und Renate Engelmann den öffentlichen Nahverkehr. Der ÖPNV fährt schülerorientiert. Die Infrastruktur müsse aufgrund des demografischen Wandelns umgebaut werden. Mit Steuern sei das kaum zu bezahlen. Ehrenamtliches Engagement müsse als Chance begriffen werden, so Becker.
Ihren unterschiedlichen Parteien zum Trotz waren sich jedoch alle Landtagskandidaten einig und sehen das MGH gleichermaßen als höchst förderungswürdig. Übrigens: Klenke und Strempel haben die Veranstaltung bewusst in die deutschlandweite "Woche des bürgerschaftlichen Engagements" gelegt. Foto: wa