1. "Katastrophenschutzpläne weisen große Defizite auf"

    Atomkraftgegner kritisieren die bestehenden Planungen für den Unglücksfall

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    LANDKREIS/STADTHAGEN (bb). Vertreter des Anti-Atom-Bündnisses Schaumburg haben in einem Pressegespräch hervorgehoben, dass die Katastrophenschutzpläne des Landkreises Schaumburg für den Fall eines Atom-Unfalls am Atomkraftwerk Grohnde dringend nachgebessert werden müssten. Die Konzepte seien nicht auf dem aktuellen Stand und würden in verschiedenen Bereichen große Defizite aufweisen, wie etwa bei den Möglichkeiten zur Dekontamination oder der Verkehrslenkung im Unglücksfall, lautete der Tenor der Atomkraftgegner.

    "Wir sind von den Antworten des Landkreises schwer enttäuscht", so Klaus Strempel vom Anti-Atom-Bündnis Schaumburg. Im Falle eines Atomunfalls in Grohnde sei "ein Chaos absehbar". Im April habe das Anti-Atom-Bündnis in einem offenen Brief 38 Fragen zum Katastrophenschutz an den Landkreis geschickt. Das im August erhaltene Antwortschreiben weise auf einen dringenden Nachbesserungsbedarf hin, so Strempel. Gemeinsam mit Michael Schalich und Kathrin Meyer vom Anti-Atom-Bündnis sowie Tobias Darge von der Regionalkonferenz Atomkraftwerk Grohnde erläuterte Strempel im Pressegespräch in Stadthagen, welche Lücken die Atomkraftgegner im Katastrophenschutzkonzept des Landkreises sehen. So seien die Planungen nicht an ein Gutachten des Bundesamtes für Strahlenschutz aus dem April angepasst. In ihm hatte das Bundesamt nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen mit der Katastrophe im Atomkraftwerk in Fukushima eine Aktualisierung der Katastrophenschutzpläne empfohlen. Michael Schalich verwies etwa auf die Möglichkeiten zur Dekontamination, die nach Ausführungen des Anti-Atom-Bündnisses völlig unzureichend seien. Im Falle eines Atomunfalles gilt es, mit radioaktiven Stoffen verseuchte Personen möglichst rasch von diesen zu befreien, sie zu dekontaminieren. Dafür stehe in Obernkirchen ein aufblasbares Duschzelt auf dem Gerätewagen Gefahrgut zur Verfügung, vorgesehen für Einzelpersonen. Dies sei wohl kaum ausreichend, rechne man im südlichen Schaumburg im Unglücksfall mit rund 1000 Kontaminierten (rund 10 Prozent der Einwohner). Duschen und neu Einkleiden, Entsorgung der kontaminierten Kleidung - bei einer Duschzeit von 2,5 Minuten bräuchten die Katastrophenhelfer 41 Stunden, um 1000 Personen zu helfen, hat das Anti-Atom-Bündnis errechnet. Dass dem Landkreis für den Katastrophenfall noch die Ausstattung des ehemaligen Dekontaminations-Lastwagens des Bundes in Stadthagen zur Verfügung steht und für die Dekontamination größerer Personengruppen die Kreissporthalle in Rinteln vorgesehen ist, beruhigt die Bündnis-Mitglieder nicht. Für ein neues Fahrzeug der Dekontaminationseinheiten in Stadthagen wäre der Bund zuständig. Inwiefern die Halle in Rinteln besonders für die Dekontamination geeignet sei, erschließe sich nicht, schließlich müsse etwa auch das kontaminierte Wasser nach der Reinigung entsorgt werden. Viele weitere Schwachpunkte in den Planungen kämen hinzu, so Meyer, Darge und Strempel. So seien etwa die Vorbereitungen zur Verkehrslenkung im Unglücksfall unbefriedigend. Schließlich sei zu erwarten, dass viele Menschen im Privat-Auto vor der radioaktiven Wolke fliehen. Auch für die Benachrichtigung der Menschen bestehe kein ausreichendes Konzept. Die Zivilbevölkerung sei im Unglücksfall nur sehr mangelhaft geschützt. Auch im Vergleich zu den Nachbarlandkreisen sei Schaumburg in diesem Bereich nicht gut aufgestellt, so Strempel. Das Anti-Atom-Bündnis Schaumburg werde weiterhin das Gespräch mit dem Landkreis suchen und hoffe, so auf Verbesserungen hinwirken zu können.Foto: bb

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