1. Seine sieben Sinne hinter dem Steuer beisammen haben

    Das Risiko beim Fahren reduzieren / Polizei setzt weiter auf Aufklärung und Prävention

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    LANDKREIS (nb). Während der Fahrt nach der Zigarette greifen, das Frühstück hervorkramen oder telefonieren: Aus einem Moment nicht aufpassen kann in Sekunden ein schwerer Unfall mit üblen Verletzungsfolgen werden. Obgleich überhöhte Geschwindigkeit mit 38 Prozent häufigste personenbezogene Unfallursache ist und meist gravierende Verletzungen verursacht, sind Aufmerksamkeitsfehler nicht zu unterschätzen. Immerhin begehen viele Verkehrsteilnehmer so einen Fauxpax tagtäglich und nahezu wie selbstverständlich, ohne sich die hohe Gefahr bewusst zu machen. Bei so mancher ungeklärter Ursache eines tödlichen Unfalls steht diese im Verdacht der Auslöser zu sein.

    Die Unfallzahlen im Landkreis sind entgegen des Landestrends in 2011 zwar leicht gesunken, das Risiko eines Unfalls sinkt trotz positiver Entwicklung nicht. Frank Kreykenbohm, Leitender Polizeidirektor und Leiter der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg (PI), sieht ganz klar Handlungsbedarf: "Nach Jahren am Steuer sinkt das Risikobewusstsein, dabei sollte man als Autofahrer alle sieben Sinne beisammen haben. Das wird für die Polizei weiterhin eine Aufgabe sein." Vieles geschieht beim Anfahren, Rückwärtsfahren und Wenden: Von 2964 Unfällen mit personenbezogener Ursache sind es 643, bei denen im Verhältnis aber nur in wenigen Fällen Verletzte zu beklagen sind. Um den gängigsten und gefährlichsten Vergehen auf die Spur zu kommen, wurden regelmäßige Kontrollen durchgeführt, bei Geschwindigkeitsverstößen konnte die PI 2699 verzeichnen. Allesamt wurden an Gefahrenstellen ermittelt. 266 Verkehrsteilnehmer wurden bei Alkoholkontrollen erwischt, der höchste gemessene Wert eines Fahrradfahrers waren stolze 3,83 Promille. Die Anzahl der Unfälle unter Alkoholeinfluss ist mit 70 im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken, die unter Drogen ebenfalls. Einen Anstieg auf 103 Fahrten unter Einfluss von Betäubungsmitteln konnte die Polizei im alltäglichen Straßengeschehen nachweisen. Die Dunkelziffer schätzt Kreykenbohm jedoch wesentlich höher ein. Im Gegensatz zu Alkohol fehle den Fahrern hier oftmals das Unrechtsbewusstsein. Ob dies auch der Grund für die Gurtverstöße ist, oder eher Faulheit die Erklärung konnten die Beamten nicht feststellen: 1726 Menschen waren ohne Sicherheitsgurt unterwegs. Dies betrifft oft auch Kinder, die nicht ordnungsgemäß in Rückhaltesystemen wie Kindersitz und Co. befestigt werden. Mangelndes Problembewusstsein zeigt sich ebenso auf Seiten der Eltern wie auch anderer Verkehrsteilnehmer, denn von 49 Unfällen unter 14-Jähriger waren nur sechs durch sie selbst verschuldet. Präventionskampagnen in den Schulen wie die "Gelben Füße" zeigen zumindest bei den Kleinen ihre Wirkung.

    Mehr Probleme machen die Fahranfänger von 18 bis 24 Jahren, denn sie sind risikofreudiger, können die Verkehrssituation aber noch nicht so gut einschätzen. "Das erhöht sich, je mehr Leute im Auto sitzen", so Kreykenbohm. Die Zahl der leicht- und schwerverletzten jungen Erwachsenen ist mit 127 und 22 leicht gestiegen, die der Todesfälle gleich geblieben. Im Vergleich zur Landesebene ein positives Ergebnis.

    Um dem weiter entgegenzuwirken, hat die Polizei in der vergangenen Woche mit dem "Verkehrssicherheitstag" in Nienburg und Schaumburg eine neue Kampagne gestartet, die versucht Jugendliche über Betroffenheit und ein filmisches Schockerlebnis zu erreichen. Wenn es bei dem Nachwuchs kracht, ist er nämlich meistens auch schuld: Auf das junge Konto gehen 77,4 Prozent der Unfälle, an denen sie beteiligt sind. Gemessen an der Gesamtbevölkerung sind sie in 23 Prozent der Fälle involviert. Einen ähnlichen Wert, 19 Prozent, erreichen die Senioren ab 65 Jahre. Im Vergleich zu ihren jungen Kollegen sind sie jedoch seltener der Verursacher und die Folgen durch geringere Geschwindigkeiten weniger schwer.

    Rund 3000-mal hatte es im Landkreis gekracht, etwas weniger als im Vorjahr. Innerhalb des Landkreises sind jedoch leichte Unterschiede zu verzeichnen: Im Bereich der Polizeikommissariate (PK) Bad Nenndorf und Bückeburg sind die Unfallzahlen generell zurückgegangen. Stadthagen folgt diesem Trend, doch die Zahl der Unfälle mit Personenschaden ist gestiegen. Das PK Rinteln hält dagegen: Rund um die Weserstadt sind sowohl die Unfälle als auch die Personenschäden gestiegen. Hier gibt es nach wie vor die bekannten Häufungsstellen für Unfälle, nämlich die Westendorfer Landwehr und die Steinberger Straße.

    Im Bereich Bad Nenndorf sind nach wie vor die Kreuzung "Drei Steine" und die Zufahrt auf die B65 am Krater unfallträchtig. Neue Unfallschwerpunkte haben sich in zwei der vier zuständigen PKs ergeben: Die K61 in Messenkamp, auf der sich häufig Baumunfälle ereignen, sowie die Schnittstelle von Auhäger Straße und "Dühlfeld" in Sachsenhagen, L 370 und 445. Die in Niedersachsen einmal jährlich tagende Unfallkommission soll gefährliche Straßensituationen analysieren und den Verkehrsraum sicherer machen. Sie wird von den Verkehrsbehörden von Landkreis, Städten und Gemeinden, dem Straßenbaulastträger, der Polizei und Verbänden wie dem ADAC oder Verkehrswacht gebildet. Hier werden Dinge wie Baumfällungen, Neuanpflanzungen, Einsatz von Leitplanken oder die Anpassung von Geschwindigkeit beraten. Der Maßnahmenkatalog "Verkehrssicherheitsinitiative 2020" des Landes wird parallel dazu verfolgt. Eines seiner langfristigen Ziele ist es, schwere Folgen bei Unfällen um ein Drittel zu reduzieren. Ergebnisse und Botschaften dieser Analysen sollen zu Präventionszwecken künftig über Kinospots oder in Fahrschulen verbreitet werden. um damit das Bewusstsein für das Risiko hinter dem Steuer zu wecken.

    Grafik: PI Nienburg/Schaumburg

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