LANDKREIS (ih). Damit rechnet niemand, der Simon Urbans Roman "Plan D" aufschlägt: Die Wiedervereinigung hat es nie gegeben. In Ost-Berlin ist Egon Krenz ist seit 22 Jahren an der Macht. Die DDR ist nahezu pleite. Die Hauptstadt ist ein maroder Moloch, verpestet und verdreckt von Millionen Ölmotoren des Trabant-Nachfolgers Phobos. Die letzte Chance für den Sozialismus sind die Wirtschaftsverhandlungen mit der BRD und ihrem Bundeskanzler Oskar Lafontaine.
Der Autor hat eine Szenerie geschaffen, in die der Leser sofort eintaucht und erst nach mehreren hundert Seiten wieder herausgelassen wird. Denn neben des wildern Gedankenkonstruktes eines geteilten Deutschlands im Jahre 2011 ist "Plan D" auch noch ein brillanter Krimi. Ein ehemaliger Berater von Krenz wird ermordet aufgefunden. Alles weist darauf hin, dass die Täter aus den Reihen der Stasi kommen. Als auch noch die westdeutschen Medien beginnen, über diesen Fall berichtet, ist klar: Wird die Unschuld der Stasi nicht bewiesen, ist die DDR endgültig erledigt. Im grauen, zerfallenden Ostberlin suchen Martin Wegener von der Volkspolizei und sein westdeutscher Kollege Richard Brendel nach den Mördern – und finden heraus, warum die Entwicklung der DDR so katastrophal verlaufen musste.
Spannende Charaktere schafft Simon Urban, lässt sich und dem Leser Zeit, in seine Gedankenwelt einzusteigen. Großartig sind die stummen Dialoge mit zwischen Martin Wegener und seinem alten Vorgesetzten. Der ist verschwunden. Tot? Wegener weiß nicht, was seinem Kollegen und Freund widerfahren ist.
"Plan D" ist ein Muss für alle Bücherfreunde, die Lust auf deutsche Geschichte, einen ungewöhnlichen Humor sowie einen spannenden Krimi haben und dabei kein Problem mit einer anspruchsvollen Schreibe haben.
Simon Urban lebt in Hamburg und Techau (Ost-Holstein). Der 38-Jährige hat in Münster Germanistik studiert, hat eine Ausbildung an der Texterschmiede Hamburg gemacht und am Deutschen Literaturinstitut Leipzig studiert.
Urban ist preisgekrönt: Zuletzt gewann er bei den Clio-Awards, einem der wichtigsten Kreativpreise der Welt, den Grand Prix und Gold für die erste literarische Live-Werbepause. Ein spannender Lebenslauf. Literaturfreunde werden Simon Urban sicher im Auge behalten.