1. Über die Literatur im Bilde

    Außergewöhnliches Genre erobert Haus der Begegnung

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    BAD NENNDORF (iv). Welcher Schüler kennt sie nicht? Diese lähmende Unlust, langweilige Biographien oder schwierige Geschichtsthemen in Buchform im Unterricht zu bearbeiten. "Die Jugendlichen heutzutage lesen viel lieber Comics, welche mit wenig Text und stattdessen mit zahlreichen, bunten Bildern auskommen", stellt Angelika Zeuschner fest. Die leidenschaftliche Leserin ist bereits seit sechs Jahren in der Evangelisch öffentlichen Bücherei im Haus der Begegnung tätig. Auf erhöhte Nachfrage hin rüsten die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Bibliothek nun auf: Insgesamt 34 Werke, welche dem Buchgenre Graphic Novels angehören, können künftig vor Ort ausgeliehen werden. Acht der illustrierten Romane richten sich an die Zielgruppe Kinder und Jugendliche.

    Im Gegensatz zu reinen Heftcomics wie Micky Maus oder Asterix, werden in diesem Genre auch mitunter anspruchsvolle Erwachsenenliteratur wie Castros Lebensgeschichte, Bonhoeffers Biografie und "Die Tragödie Erster Teil" von Flix Faust in Bildern dargestellt. Zudem werden klassische Kinderbücher, wie beispielsweise "Der kleine Prinz", mittels comicartiger Zeichnungen und einfachen Textpassagen neu aufbereitet und dadurch äußerst anschaulich gemacht. "Immer mehr bekannte Bücher, unter anderem die Reihen des Autors Stefan King, werden anhand von Bildern zu einem völlig neuen Leseerlebnis", erklärt Zeuschner.

    Auf diese Art und Weise werden nicht nur eingeschweißte Leser, sondern auch Menschen, welche normalerweise kaum Interesse am Lesen zeigen, bestens unterhalten.

    "Das wohl bekannteste und zugleich eins der ersten Graphic Novels heißt Blankets: "Craig Matthew Thompson berichtet in seinem Buch über das Erwachsenwerden. Und der Roman ist einfach toll gemacht", schwärmt die gebürtige Bad Nenndorferin. Ein weiteres Jugendbuch, welches die 55-Jährige wärmstens empfiehlt, ist das Werk "Asphalt Tribe" von Morton Rhue, der in seinem illustrierten Werk das Leben einer Gruppe obdachloser Jugendlicher in New York City beschreibt.

    Die Buchexpertin ist der Überzeugung, dass Kinder und Jugendliche mithilfe dieses Genres durchaus auch an klassische Stoffe herangeführt werden können: "Der Roman Malice setzt sich aus geschriebenen Texten und illustrierten Einschüben zusammen. Die Bilder treiben die Handlung voran. Und machen das Buch für junge Leute so interessanter." Auch Schulen profitieren bereits von der bildlichen Bearbeitung klassischer Literatur: "Viele Kinder können das Thema zweiter Weltkrieg absolut nicht mehr hören. Mit der comicartigen Auflage des "Lebens der Anne Frank" werden die Jugendlichen auf eine ganz neue, besondere Art und Weise an das Thema herangeführt." Grund für dieses Phänomen sei der erhöhte Bedarf junger Menschen an visueller Anschaulichkeit.

    Ältere Personen könnten, Zeuschners Erfahrung nach, bisher noch nicht allzuviel mit den bebilderten Werken anfangen: "Dabei stammen viele der aufwendigen Zeichnungen von berühmten Künstlern wie Isabel Kreitz und sind nicht zuletzt aus diesem Grund in höchstem Maße beeindruckend." Das Genre, welches in Deutschland gemeinhin noch den Platz eines Nischenproduktes einnimmt, steht in den USA übrigens bereits seit dem Jahre 1978 hoch im Kurs. Doch auch hierzulande erfreuen sich die illustrierten Romane einer wachsenden Fangemeinde: "Mittlerweile gibt es für die Bücher einen riesengroßen Markt. Kein Verlag kommt mehr ohne Graphic Novels aus."

    Insgesamt kann die seit über einem halben Jahrhundert existierende öffentliche Bücherei mit rund 7 500 Bücher sämtlicher Gattungen in rein geschriebener Form aufwarten. "Viele wissen gar nicht, dass in unseren Regalen sogar englische Literatur vorhanden ist." Um den Besuchern stets ein vielfältiges Angebot bieten zu können, tauschen die Mitarbeiter jährlich knapp 600 Werke aus. "Uns ist es wichtig, immer auf dem neusten Stand zu bleiben", betont Zeuschner. Nun setzt die Bücherexpertin auf das Interesse der Leser: Sollte die Nachfrage hoch genug sein, wird die Bibliothek ihr Sortiment an Graphic Novels deutlich erweitern.

    Wer sich für das Buchgenre interessiert, der hat am Mittwoch, 25. Januar, um 18 Uhr die Gelegenheit, einem Vortrag von Marion Wiemann beizuwohnen. Ab diesem Zeitpunkt können Werke aus der von der Fachstelle Bücherei und Medienarbeit im Haus kirchlicher Dienste zusammengestellten Bücherkiste drei Monate lang ausgeliehen werden und Klein und Groß gleichermaßen beeindrucken. Foto: iv

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