1. Seit 61 Jahren steht Karoline Hartmann nun schon Tag für Tag hinterm Tresen

    Gastwirtin des Alten Krugs feiert morgen ihren 85. Geburtstag / Gasthaus befindet sich seit 1524 im Familienbesitz

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    LINDHORST (bt). "Wir treffen uns bei Line," oder: "Lass uns noch zu Line gehen" heißt es oft in Einladungen oder in Absprachen, beispielsweise nach Rats- oder Vereinssitzungen. Eingeweihte wissen: Line, das ist Karoline Hartmann, verwitwete Steege, geborene Winkelhake, die Wirtin der Gaststätte Alter Krug in der Bahnhofstraße. Karoline Hartmann feiert morgen, am 22. Januar, ihren 85. Geburtstag. Seit 61 Jahren steht sie Tag für Tag hinter dem Tresen und zapft Bier oder bereitet für ihre Gäste die berühmte "Currywurst" zu.

    Die Hände in den Schoß legen, das ist nichts für die gebürtige Hülshägerin. Dort wächst Karoline Winkelhake auf einem Bauernhof auf. 1950, nach der Hochzeit mit Heinrich Steege, zieht sie nach Lindhorst in den Alten Krug zu ihrem Mann. Der Alte Krug befindet sich seit 1524 im Familienbesitz. Die Familienbande der Steeges gehen zurück bis auf den bekannten Lindhorster Magister Nothold. Zusammen mit Ehemann Heinrich zieht sie vier Söhne groß. Damals wurde die Gaststätte neben der Landwirtschaft im Nebenerwerb betrieben. Also hieß es sich nicht nur um den Schankbetrieb zu kümmern, sondern auch die landwirtschaftliche Arbeit durfte nicht zu kurz kommen. "Manchmal," so erinnert sie sich heute, "habe ich nachts nur eine Stunde geschlafen. Dann musste ich wieder raus in den Stall."

    Als Heinrich Steege 1974 verstirbt, steht die Witwe und Mutter von vier Söhnen alleine da. Drei wohnen noch heute mit der Mutter im selben Haus. Landwirtschaft und Gastwirtschaft wollten bewältigt werden. 1976 heiratet sie Georg Hartmann. Die Landwirtschaft wird verpachtet, bis dahin landwirtschaftlich genutzte Gebäudeteile werden zu Gastwirtschaftsräumen umgebaut. Aber ab 1988 ist sie wieder allein auf sich gestellt. Georg Hartmann verstirbt und Karoline Hartmann steht ab sofort allein hinterm Tresen, zapft Bier und schenkt andere Getränke aus. "Das war sehr schwer," gesteht sie ein. Aber die stets freundliche und geduldige Frau weiß sich durchzusetzen. "Kloppereien," so sagt sie, "gab es bei mir nie. Wenn zwei miteinander zu ‚kippeln‘ anfingen, dann bekamen sie von mir einen nassen Waschlappen um die Ohren. Dann war wieder Ruhe." Die Polizei brauchte sie in all den Jahren nur einmal zu rufen.

    Gerne erinnert sich die rüstige und noch immer lebhafte Mitachtzigerin an die im Alten Krug gefeierten Ernte- und Vereinsfeste. Das ist seit Jahren weitgehend vorbei. "Hof Gümmer und die vereinseigenen Gaststätten nehmen uns alles weg," klagt sie. Aber aufgeben - das kommt für sie nicht in Frage. "Still sitzen, das kann ich nicht," erteilt sie bereitwillig Auskunft.

    Als vor einigen Jahren in einem ungenutzten Raum, einem früheren Pferdestall, Feuer ausbrach und sich über den Dachstuhl ausbreitete, da wurde die Gaststätte bereits nach zwei Tagen wieder geöffnet. Die Wiederaufbauarbeiten am Gebäude wurden von ihr zügig vorangetrieben. "Sie braucht immer etwas um die Ohren," beschreibt Schwiegertochter Britta Steege Schaumburgs vermutlich älteste Gastronomin. Britta Steege und Sohn Heinrich Steege helfen ihr seit einiger Zeit bei der täglichen Arbeit. Freude und Spaß an ihrer Arbeit hat Karoline Hartmann in all den Jahrzehnten gehabt. Hat sie ihre Gäste bedient, waren alle Sorgen vergessen, merkt sie an. Aber hat sie in all der Zeit auch ihr Auskommen gehabt? "Man muss sehen, dass man rumkommt," sagt sie. "Es ist kein Geschäft, bei dem man reich wird."

    Die Zukunft der jahrhundertealten Lindhorster Traditionsgaststätte Alter Krug ist ungewiss. Wer wird die Traditionsgaststätte weiterführen? Die Frage ist heute nicht zu beantworten. Wann gedenkt Karoline Hartmann in Rente zu gehen, sich den verdienten Ruhestand zu leisten? Die Antwort der noch immer quirligen und stets humorvollen Gastwirtin fällt knapp, aber klar aus: "Wenn ich hinterm Tresen umfalle." Morgen feiert "Line" im Kreise der Familie ihren hohen Geburtstag. Groß eingeladen hat sie nicht, aber sie kann sicher sein: Viele ihrer Gäste werden es sich nicht nehmen lassen, dem Geburtstagskind einen Besuch abzustatten. Foto: bt

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