HASTE (Ka). Der LandFrauenverein (LFV) vereint Frauen verschiedener Berufsgruppen und aller Generationen unter einem Dach. Er fördert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, steigert die Lebensqualität in den Dörfern und beteiligt sich aktiv an der Dorfgestaltung. Kaum ein anderer Verein frönt dem aktiven Austausch und der regelmäßigen Kommunikation zwischen den Generationen, wie die Landfrauen. Dazu gehört auch immer wieder Zeit für Informationen und Referate.
Beim gemeinsamen Neujahrsfrühstück trafen sich 70 gutgelaunte Landfrauen des LandFrauenvereins Ohndorf-Waltringhausen im Gasthaus Seegers, um das Jahr 2012 zu begrüßen. Zur informativen Bereicherung der Zusammenkunft referierten Wilhelm und Ralf Schröder vom Arbeitskreis Heimatgeschichte im "Verein Glück-Auf Riehe" zum Thema: "Familienfeiern vor 1950". Vater und Sohn berichteten von den Zeremonien, die an den einzelnen Lebensstationen stattfanden. Die Geschichte, Kultur und Traditionen standen im Rampenlicht und so erfuhren die Interessentinnen, dass bei einer Taufe, das mit Spiegeln und Perlenstickereien versehene rote Taufkleid (Tracht)oft Eigentum der Hebamme war. Diese trug das Kind ohne die Mutter in Begleitung der zwei Patinnen im Kranz (Vadderschen) im Anschluss an den Gottesdienst zum Altar und zum Taufstein. Wurde ein Junge getauft, trugen die Paten einen Kirchenrock. Zur Konfirmation, die immer am Weißen Sonntag (Sonntag nach Ostern) zelebriert wurde, bekam das junge Mädchen von den Eltern und Paten zum ersten Mal zwei vollständige Trachten. Die eine für die Freudenzeit, die andere für das Abendmahl. An der Ausstattung der Tracht war der soziale Stand der Familie zu erkennen. Zum Thema Hochzeit konnten Wilhelm und Ralf Schröder viele alte Schwarz-Weiß-Dia-Fotos einblenden. Die Landfrauen bewunderten Brautpaare in der Hochzeitskutsche, prächtige Brautwagen mit Aussteuer, Hochzeitsschmuck, Hochzeitsbilder mit Kranzmädchen und ein Foto vom Hochzeitsbitter. Im Unterschied zu heute war die Hochzeit früher immer mit einem festgelegten Ritual verbunden, zu dem Verlobung, Ehevertrag und öffentliche Trauung gehörten. Eine Hochzeit in aller Stille, wie sie heute oft vollzogen wird, hätte den Charakter einer "wilden Ehe" gehabt und das Brautpaar Ansehen und Ehre gekostet. Der einstündige Vortrag der beiden Rieher Heimatkundler endete mit den Ritualen, wie sie zu Tod und Beerdigung überliefert sind. Das Sterben vollzog sich in der Regel zu Haus. Dem Verstorbenen wurden von den nächsten Angehörigen die Augen und der Mund geschlossen. Die Pendeluhren wurden angehalten, Spiegel und Bilder mit Tüchern zugehängt sowie Türen und Fenster geöffnet, damit die Seele ungehindert entweichen konnte. Die Totenfrau wurde verständigt, deren Aufgabe darin bestand, den Pfarrer, Lehrer, Totengräber, Totenwagenfahrer und Tischler zu verständigen. Der Verstorbene wurde gewaschen, rasiert, festlich gekleidet, auf der Diele bei einer brennenden Kerze aufgebahrt und mit einem Leichentuch bedeckt. Am Vorabend der Beerdigung erfolgte die Einsargung in den vom Tischler nach Aufmaß gefertigten Sarg. Die Trauerfeier (Gräffnisse) fand auf der Diele statt und begann mit der Andacht des Dorfslehrers. Schulkinder sangen einige Choräle. Anschließend wurde der Sarg von sechs Nachbarn oder Vereinskameraden mit den Füßen voran durch die Haustür getragen. Auf dem Hof wurden Sarg und Kränze auf einen geschmückten Ackerwagen, von 1911-1958 auf den Totenwagen, geladen.
Der Wandel der Zeit wurde den Landfrauen in dem interessanten Referat vor Augen geführt. Einige anwesende Damen konnten sich noch an die Zeit vor 1950 erinnern. Ob aus Erzählungen und Erinnerungen heraus oder überlieferten familiären Geschichten. Die informative Zusammenkunft der Landfrauen belebte einen unterhaltsamen Jahresauftakt. Foto: ka