STADTHAGEN (mh). Es sind alarmierende Zahlen: Circa 18 Prozent der jugendlichen Auszubildenden brechen ihre Ausbildung im Laufe der Zeit ab, rund zehn Prozent von ihnen bleiben danach ohne Ausbildung.
"Für eine Volkswirtschaft wie Deutschland ist dieses deutlich zu hoch", sagte Bernd Althusmann, Niedersächsischer Kultusminister, anlässlich seines Besuches in der BBS Stadthagen am Mittwoch, dem 14. Dezember.
Vor Ort informierte sich Althusmann über das Programm "Schulische Berufsorientierung Schaumburg", kurz SBO. Seit viereinhalb Jahren läuft dieses Projekt an der BBS Stadthagen bereits. In den Räumen des Beratungs- und Förderzentrums der BBS werden die Kompetenzen der Schüler festgestellt und in einem persönlichem Stärkeprofil festgehalten. An fünf Stationen in sechs Bereichen – dazu zählen Sprache und Ausdruck, Logik und Kombination oder auch Feinmotorik – können die Schüler ihre Stärken beweisen. Zudem gibt es eine Einzelberatung sowie eine schriftliche Empfehlung. Alles hilft den Schülern bei ihrer Berufsfindung, bei Bewerbungen und nicht zuletzt auch dabei, mit einem Erfolgserlebnis ihr Selbstwertgefühl zu steigern. Zielgruppe sind Schüler der allgemeinbildenden Schulen aus den 8. und 9. Klassen, die zunächst ein Praktikum und später eine berufliche Ausbildung anstreben.
Über 3000 Schüler haben dieses Programm bereits durchlaufen, erklärte Schulleiter Jürgen Steltner dem prominenten Gast. Gerade perspektivisch hilft das Projekt durch die Verbesserung der beruflichen Orientierung, die Abbrecherquoten sowie die Jugendarbeitslosigkeit zu verringern. Partner des Projekts sind landkreisweit insgesamt elf allgemeinbildende Schulen, die Kreishandwerkerschaft, die IHK, die Agentur für Arbeit sowie der Landkreis selber. Neben vielen Sponsoren erhält das Projekt noch bis Ende Juli 2012 Zuschüsse aus dem "Europäischen Sozialfond". Daher zielte die Vorstellung der SBO auch ein wenig darauf ab, den obersten Dienstherren Bernd Althusmann davon zu überzeugen, bei eventuellen zukünftigen Förderlücken einzuspringen.
Der zeigte sich sehr angetan von der Arbeit in der SBO. "Ich sehe hier eine besondere Qualität. Insbesondere die Herangehensweise, über die Stärken und nicht die Schwächen zu sprechen, und dabei den Schüler einen Spiegel vorzuhalten, was machbar ist, ist sehr beispielhaft. Ein vorbildliches Projekt für Niedersachsen", erklärte der Kultusminister. Mit der SBO sei man gut aufgestellt für die zukünftigen Entwicklungen. Hier erwartet Minister Bernd Althusmann eine Umkehrung der Situation. "Das Angebot wird deutlich geringer, es wird eine hohe Nachfrage nach qualifizierten Schulabgängern geben", blickte er bei seinem Besuch voraus. Neben den Gymnasien auf der einen Seite, erwartet er eine Sekundarstufe 1 mit starker beruflicher Qualifizierung und einer engen Zusammenarbeit mit Partnern, unter anderem aus der Wirtschaft. Ein solcher Ansatz ist in der Arbeit des SBO bereits umgesetzt: Vielen potentiellen Arbeitgeber im Landkreis sind die Stärkeprofile aus der SBO schon bekannt. Immer wieder tauchen sie bei den eingereichten Bewerbungsunterlagen auf, wie auch Marcel Köster, von dem Unternehmen Bornemann Pumpe aus Obernkirchen berichtet. "Das hilft uns sehr gut, da wir so erkennen können, welcher Bewerber für unsere vielen Berufsbilder passend ist", sagt der Personalexperte.
Die Arbeit des Schaumburger Projektes wird wissenschaftlich begleitet. Die Ergebnisse sind durchweg positiv, bescheinigen die Wissenschaftler der Universität Oldenburg: Nahezu 90 Prozent der teilnehmenden Schüler gab an, nun mehr Lust auf die Berufswahl zu haben. Über 80 Prozent würden die SBO einem Freund weiterempfehlen. Warum das Projekt so gut ankommt, davon konnte sich der Kultusminster dann auch letztendlich selbst überzeugen. An mehreren Stationen stellte sich der Politiker den Aufgaben – manchmal besser, manchmal schlechter. Besonders die Feinmotorik hatte es ihm angetan, schließlich war einer seiner Berufswünsche seinerzeit Chirurg. Und auch wenn er der SBO keine Versprechungen machen wollte, ein eventueller Antrag auf Fördergelder dürfe allerdings direkt an ihn adressiert werden, machte er den Verantwortlichen Mut, dass die erfolgreiche Arbeit hier vor Ort auch in den kommenden Jahren noch weiter gehen kann. Foto: mh